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# taz.de -- Nobelpreis für Physik: Die Geheimnisse der Materie
> Es gibt nicht nur die drei Aggregatzustände gasförmig, flüssig und fest.
> Auch Zwischenformen mit ganz neuen Eigenschaften sind möglich.
Bild: Mit Hilfe von Brezeln und Donuts erklärt Professor Thors Hans Hansson vo…
Neuss taz | Physikalische Forschung kratzt zuweilen an die Grenzen
menschlicher Vorstellungskraft. Die theoretischen Entdeckungen
topologischer Phasenübergänge und topologischer Phasen von Materie, die nun
drei britischen Wissenschaftlern den diesjährigen Nobelpreis bescherten,
gehört zweifellos dazu. Die Auszeichnung geht zur einen Hälfte an [1][David
Thouless, die andere Hälfte teilen sich Duncan Haldane und Michael
Kosterlitz]. Alle drei Wissenschaftler sind gebürtige Briten, leben und
forschen aber seit Jahrzehnten in den USA.
Die Ergebnisse ihrer Forschung erzielten sie weniger in Laboratorien als am
Schreibtisch. Mit mathematischen Formeln errechneten sie die Eigenschaften
von Oberflächen. Dabei konnten sie Erklärungen dafür liefern, warum es
neben den drei bekannten Aggregatzuständen, also fester, flüssiger und
gasförmiger Materie, noch sogenannte exotische Formen gibt.
Zum Beispiel können feste Materialien in extremer Kälte ohne Widerstand
Strom leiten. Man nennt sie dann Supraleiter. Auch gibt es das Phänomen,
dass es in sogenannten Supraflüssigkeiten keine Reibung mehr gibt.
Spektakulär sind Videoaufnahmen von sehr kalten Flüssigkeiten, die entgegen
der Schwerkraft am Rand ihres Behälters nach oben fließen.
Thouless, Haldane und Kosterlitz konnten mit ihrer Forschung bereits in den
1970er und 1980er Jahren anhand sogenannter topologischer Konzepte
erklären, wie und warum extrem dünne Materialschichten von einem Zustand in
den anderen wechseln und wieso das Auswirkungen auf deren Eigenschaften
hat. Dabei half ihnen der Umstand, dass es mathematischen Formeln egal ist,
wie groß der Körper ist, den sie berechnen. Salopp formuliert kann man mit
dem gleichen Rechenweg die Eigenschaften eines Donuts und eines
Rettungsrings berechnen.
Das Loch des Donuts spielt dabei eine besondere Rolle. Denn bei der
Topologie, einem besonderen Bereich der Mathematik, ist die Körperform
letztlich unwichtig, entscheidend ist die Zahl der Löcher. So ähnelt,
topologisch betrachtet, eine Tasse mit ihrem Henkel eher einem Donut als
einem Becher ohne Henkel.
## Eine Überraschung
Die Entscheidung der Jury stieß in der Fachwelt auf Verwunderung. Der
Direktor der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, Rolf-Dieter Heuer,
sagte unmittelbar nach der Bekanntgabe der Preisträger: „Das Komitee hat
die Kraft zu überraschen.“ Henning Riechert vom Berliner
Paul-Drude-Institut hofft, dass mit der Verbreitung von Supraleitern
Energie eingespart werden kann.
„Es geht aber bestimmt nicht um die Stromleitung von der Nordsee nach
Bayern“, ergänzt Peter Fratzl vom Potsdamer Max-Planck-Institut für
Kolloid- und Grenzflächenforschung. Franzl sieht eher Anwendungen bei
Quantencomputern, die variabler rechnen und mehr Informationen verarbeiten
und speichern könnten. Tatsächlich wären Rechner mit bislang unvorstellbar
großer Leistung durch neu zu entwickelnde Materialien durchaus denkbar. Im
Vergleich dazu wären heutige marktübliche Computer simple Rechenmaschinen.
Mit Enttäuschung reagierte man indes an der Uni Hannover. Eigentlich hatte
man fest damit gerechnet, bei den Nobelpreisen mit berücksichtigt zu
werden. Schließlich war man bei dem Nachweis der Gravitationswellen, der
weltweit Anfang des Jahres für Aufsehen sorgte, beteiligt gewesen.
Allerdings konnten jene Forschungsergebnisse erst nach dem Stichtag zur
Nominierung der Nobelpreis-Kandidaten veröffentlicht werden. So müssen sich
die Forscher aus Niedersachsen noch mindestens ein Jahr gedulden. Der
aktuelle Preisträger Thouless hatte diese Geduld. Vor Kurzem ist der
emeritierte Professor 82 Jahre alt geworden.
6 Oct 2016
## LINKS
[1] https://www.nobelprize.org/nobel_prizes/physics/laureates/2016/
## AUTOREN
Lutz Debus
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