# taz.de -- Gruselkabinett am Anhalter Bahnhof: Der Spuk ist vorbei | |
> Die Erschrecker werden arbeitslos: Das Gruselkabinett am Anhalter Bahnhof | |
> schließt. In Berlin gebe es zuviel Spukkonkurrenz, so der Betreiber. | |
Bild: Inzwischen gibt es Skelette auf jeder ordentlichen Demo. Wer braucht da n… | |
Dunkel liegt der Gang vor uns. Etwas rötliches Licht fällt durch eine | |
Türöffnung, schwarzer Stoff hängt von der Decke, mehr ist nicht zu | |
erkennen. Es riecht feucht. Ein Schrei ertönt, wie von einer Katze. Hätten | |
wir Nackenhaare, würden sie sich jetzt aufstellen. Wir sind zu viert und | |
halten uns dicht beieinander. Keiner will vorne gehen. Irgendwas wird in | |
dieser Finsternis passieren. So viel steht fest. | |
Seit 20 Jahren schleichen Frauen und Männer durch die Gänge des Bunkers am | |
Anhalter Bahnhof und lassen sich erschrecken. Das Gruselkabinett ist eine | |
Berliner Institution. Nicht mehr lange: Am Montag schließt die düstere | |
Einrichtung. Die Besucherzahlen seien zurückgegangen, es gebe in Berlin | |
inzwischen zu viel Gruselkonkurrenz, begründet das der Geschäftsführer des | |
Bunkers, Enno Lenze. Zum Beispiel das Dungeon am Hackeschen Markt. | |
Tatsächlich wirken die Figuren etwas altbacken: ein Vampir, ein Skelett. | |
Und der Ekel vor künstlichen Spinnweben hält sich in Grenzen. Aber darum | |
geht es nicht – sondern um das Gefühl, dass einem jemand auflauert. | |
Wir bemerken den Schatten erst, als er direkt neben uns aus einer Nische | |
springt, brüllt, eine weiße Maske in schwarzem Stoff. Wir kreischen, rennen | |
los. Nichts wie weg hier. Nur wohin? Wartet nicht hinter der nächsten Ecke | |
wieder eine düstere Gestalt? Da steht auch jemand und rührt sich nicht. | |
Oder ist es doch nur eine Figur? | |
Schreck setzt Adrenalin frei. Angesichts der scheinbaren Gefahr beginnt man | |
schneller zu atmen. Eine instinktive Reaktion, um im Notfall genug | |
Sauerstoff für die Flucht zu haben. Und man springt ja auch automatisch zur | |
Seite, weicht aus. Insofern ist das Gruselkabinett eine | |
Ganzkörpererfahrung, nicht zu vergleichen mit einem Horrorfilm auf dem | |
heimischen Fernseher. Gleichzeitig ist es viel harmloser, ähnlich wie eine | |
Nachtwanderung in der zehnten Klasse. Mit Nervenkitzel, aber ohne echte | |
Angst. | |
Nach einer Weile werden wir mutiger, blaffen selbst in die dunklen Ecken, | |
wo wir die Erschrecker vermuten. Dieses schöne Spiel ist bald aus. In | |
Zukunft sollen die Bunkerräume in den Originalzustand zurückgebaut werden. | |
Schreckliche Geschichten aus der Nazizeit gibt es genug zu erzählen. Die | |
Realität toppt die Gruselshow. Foto: reuters | |
29 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
## TAGS | |
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