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# taz.de -- Angriff auf Hilfskonvoi in Syrien: Wer hat das verbrochen?
> Moskau und Damaskus bestreiten die Beteiligung an der Zerstörung von
> mindestens 18 von 31 Lastwagen. Die Hilfslieferungen werden eingestellt.
Bild: Skelett eines der ausgebrannten Lastwagen bei Groß-Omren am Morgen nach …
Istanbul taz | Hunderttausende von notleidenden Syrern sind dringend auf
humanitäre Hilfe angewiesen. Doch bis auf weiteres werden sie keine
Unterstützung erhalten. Nach dem Luftangriff auf einen Hilfskonvoi westlich
von Aleppo stellen die Vereinten Nationen alle Hilfslieferungen in Syrien
ein, wie ein Sprecher des UNO-Büros für humanitäre Hilfe am Dienstag in
Genf sagte. Auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) setzt
seine Hilfe aus. Geplante Hilfslieferungen in vier syrische Städte wurden
verschoben.
Noch bevor der vor zehn Tagen ausgehandelte Waffenstillstand am Montagabend
offiziell auslief, erklärte die syrische Armee die Feuerpause für beendet.
Nur wenig später begannen die Luftangriffe. Der Konvoi von 31 Lastwagen,
die Hilfe von verschiedenen UNO-Unterorganisationen, des Syrischen Roten
Halbmonds und des IKRK geladen hatten, war für Groß-Orem bestimmt, eine
rund 7.8000 Einwohner zählende Kleindstadt westlich von Aleppo, die
Aufständische kontrollieren.
Fotos und Videos, die der Rote Halbmond und die UNO verbreiteten, zeigen
wie die Lastwagen vor der Abfahrt am Straßenrand stehen. Darauf sind
deutlich Embleme des Roten Halbmonds und eine blaue Unicef-Fahne zu
erkennen. Neben dem Konvoi wurde auch ein Lager des Roten Halbmonds
bombardiert, teilte die Organisation am Dienstag mit.
Nach Angaben der Hilfsorganisationen haben die Luftangriffe um die zwanzig
Tote gefordert, unter ihnen Omar Barakat, der lokale Leiter der
Halbmond-Gesellschaft. Sie seien beim Abladen von Hilfsgütern getötet
worden. Mindestens 18 der 31 Lastwagen wurden komplett zerstört.
## Die Aufständischen haben keine Helikopter
Moskau und Damaskus bestreitet jegliche Beteiligung. Da die Aufständischen
aber nicht über Helikopter und schon gar nicht über Kampfjets verfügen,
kann der Angriff nur von der syrischen oder russischen Luftwaffe verübt
worden sein.
UNO und Hilfsorganisationen haben mit Fassungslosigkeit und Empörung auf
die tödlichen Luftangriffe reagiert. Der Konvoi sei in intensiven
Verhandlungen mit den örtlichen Kriegsparteien vorbereitet worden und klar
als humanitärer Transport gekennzeichnet gewesen. Es gebe keine Erklärung
und keine Rechtfertigung dafür, „Krieg gegen selbstlose Helfer zu führen“,
so Stephen O’Brien, der Chef für UNO-Hilfseinsätze. Sollte sich der
Luftangriff vorsätzlich gegen die Helfer gerichtet haben, dann laufe dies
auf ein Kriegsverbrechen hinaus. O’Brien forderte eine entsprechende
Untersuchung. Der Präsident des IKRK, Peter Maurer, sprach von einer
eklatanten Verletzung des internationalen humanitären Rechts.
Die Lieferung von Hilfe in die eingekesselten Orte, vor allem die
Rebellenhochburg Ost-Aleppo, war Teil der amerikanisch-russischen
Vereinbarung über eine Feuerpause. Während es auch von Rebellenseite
teilweise Widerstände gab, weigerte sich vor allem das Regime, die nötigen
Genehmigungen auszustellen. So ließen Regimetruppen Hilfe für eine Stadt
nahe Homs in Zentralsyrien nur teilweise passieren. Obwohl verboten,
bestanden sie auf einer Inspektion und entwendeten – wie so oft –
Medikamente.
Kurz nach der Aufkündigung der Feuerpause durch Damaskus setzten auch die
Bombenangriffe über Ost-Aleppo wieder ein. Fassbomben würden regelrecht auf
die Rebellenhochburg regnen, berichten lokale Aktivisten. Nach Angaben von
Helfern und Bewohnern fielen mehr als zwanzig Fassbomben in weniger als
einer Stunde. Zudem würde wieder gekämpft. Auch in der Nachbarprovinz
Idlib, im Umland von Damaskus und nahe Homs kam es zu Gefechten. Dort habe
die syrische Luftwaffe mehrere Ortschaften bombardiert, berichteten
oppositionsnahe Medien.
## Waffenstillstand nun wohl unmöglich
Die Chancen, dass der Waffenstillstand hält, waren von Anfang nicht groß.
Nach der jüngsten Eskalation dürfte er kaum noch zu retten sein. Während es
für die USA vor allem um die humanitäre Hilfe ging, galt Russlands
Hauptaugenmerk der geplanten Kooperation bei der Bekämpfung der Dschabhat
Fatah al-Scham (JFS). Während man im Westen der Beteuerung der
Ex-Nusra-Front wenig Glauben schenkt, sie habe mit der Terrorgruppe
al-Qaida gebrochen, empfinden viele Aufständische und Aktivisten in Syrien
selbst anders. Nicht wenige sehen die JFS als Gruppierung, die sie gegen
die brutalen Angriffe des Regimes verteidigt und lehnen die von den
Amerikanern geforderte Beendigung der taktischen Bündnisse ab.
Machthaber Baschar al-Assad denkt seinerseits nicht daran, den Boden
aufzugeben, den er dank der seit einem Jahr andauernden russischen
Luftunterstützung gutgemacht hat. Allen voran will er die Rebellen im seit
Monatsbeginn wieder eingekesselten Aleppo in die Knie zwingen. In der
Region östlich der ehemaligen syrischen Wirtschaftsmetropole rücken
Aufständische, unterstützt vom türkischen Militär, weiter gegen
IS-Extremisten vor. Gelingt dies, stünden türkische Panzer vor den Toren
von Aleppo. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan kündigte am Montag
an, Ankara könnte dort eine „Schutzzone“ einrichten.
20 Sep 2016
## AUTOREN
Inga Rogg
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