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# taz.de -- Beamte schlugen offenbar Gefangene: Nazi-Vorwürfe gegen Schließer
> Rechtsextreme Justizvollzugsbeamte sollen in Hannover Gefangene
> geschlagen haben. Das Justizministerium und die Staatsanwaltschaft
> untersuchen den Fall.
Bild: Steht wegen der Misshandlungsvorwürfe in der Kritik: Niedersachsens Just…
Hannover taz | Niedersachsens Justizministerium untersucht, ob Wachleute
der Justizvollzugsanstalt Hannover Gefangene misshandelt haben. Zwar wollte
eine Sprecherin der Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) unter
Verweis auf laufende interne Prüfungen keine Details nennen, doch nach
taz-Informationen sind die Vorwürfe gegen Teile des Wachpersonals brisant:
Ihre rechtsextreme Gesinnung würden Aufseher des Gefängnisses offen zur
Schau stellen, heißt es in zwei anonymen Schreiben, die an den
Landtags-Unterausschuss Justizvollzug und an verschiedene
Landtagsfraktionen gegangen sind.
Ein Wärter soll sich von Gefangenen mit „Führer“ ansprechen lassen – und
besonders gegenüber Gefangenen mit Migrationshintergrund gewalttätig
werden. Er selbst habe gesehen, wie einem auf dem Boden liegenden Häftling
ein Knie ins Gesicht gedrückt und dieser dabei geschlagen worden sei,
behauptet der anonyme Informant. In Hannovers Gefängnis könne niemand mehr
arbeiten, der „noch ein Gewissen hat“ – auch die Anstaltsleitung wisse von
den Misshandlungen, decke aber die Täter.
Ähnliche Vorwürfe waren bereits im Juni in einem Verfahren vor dem
Amtsgericht Hannover laut geworden. Dort muss sich ein weiterer
Justizbediensteter verantworten, weil er ausgemusterte Handschellen zum
Verkauf angeboten haben soll – unter dem Pseudonym „Kerkermeister1972“
verhökerte der 43-Jährige die Fesseln zu Preisen zwischen 36 bis 130 Euro
bei Ebay.
Persönlich habe er sich aber nicht bereichern wollen, so der Angeklagte:
Der Verkauf sei mit Vorgesetzten und dem Justizministerium abgesprochen
gewesen, erklärte sein Anwalt Andreas Hüttl. Von dem Erlös hätte Ausrüstung
für die Gefängnismitarbeiter beschafft werden sollen.
Da sein Mandant gegenüber seinen Kollegen im Gefängnis aber vehement gegen
die Misshandlungen der Häftlinge protestiert habe, werde der Verkauf
genutzt, um ihn unter dem Vorwurf des Diebstahls und des Betruges aus dem
Dienst zu entfernen, behauptet der Amtsinspektor.
Schon im Juni hatte die Staatsanwaltschaft Hannover deshalb begonnen, die
Vorwürfe gegen das Gefängnispersonal zu untersuchen. Greifbare Ergebnisse
aber können die Ermittler auch drei Monate später nicht vorweisen: „Wir
führen das Verfahren weiter als allgemeine Rechtssache, befinden uns also
im Stadium von Vorermittlungen“, so deren Sprecher Thomas Kling. „Solche
Vorwürfe sind aber immer schwierig zu beurteilen“, sagt der
Oberstaatsanwalt: „Sie werden genauestens geprüft.“
Genau das aber bezweifeln Abgeordnete des Landtags-Unterausschusses
Justizvollzug. „Zur Aufklärung wurde die Anstaltsleitung befragt, die aber
in dem Schreiben belastet wird“, kritisiert etwa der Christdemokrat Lutz
Winkelmann. Auch das Justizressort sei offenbar nicht an einer schnellen
Aufklärung interessiert, meint der Abgeordnete Marco Genthe von der FDP:
„Das Ministerium weiß seit Monaten Bescheid über diese Zustände und hat zu
langsam reagiert.“
Zumindest indirekt zielen CDU und FDP damit auf Justizministerin
Niewisch-Lennartz. Sollten sich die Misshandlungsvorwürfe bestätigen,
geriete die abermals unter starken Druck – dabei gilt die Grüne nach
diversen Durchstechereien von Ermittlungsdetails in den Verfahren gegen
Ex-Bundespräsident Christian Wulff und den SPD-Innenpolitiker Sebastian
Edathy in Niedersachsens Landeshauptstadt bereits als angeschlagen. Auch
nach der Flucht von Gefangenen versuchte die Opposition, Niewisch-Lennartz
als personifiziertes Sicherheitsrisiko darzustellen.
Unterstützung bekommt die Ministerin deshalb von ihrem Parteifreund Heiner
Scholing (Grüne), der ebenfalls Mitglied im Landtags-Unterausschuss ist:
„Ich habe keinen Zweifel“, sagt der Abgeordnete, „dass Staatsanwaltschaft
und Justizministerium professionell arbeiten.“
14 Sep 2016
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Justizvollzug
Justizministerium
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