| # taz.de -- Wahl zur Uefa-Präsidentschaft: Gute Freunde | |
| > Der bislang unbekannte Aleksander Ceferin wird wohl zum Präsidenten des | |
| > europäischen Fußballverbands gewählt – dank mächtiger Verbindungen. | |
| Bild: Vor 11 Jahren arbeitete Ceferin noch in einem Futsalklub | |
| In Athen haben die europäischen Fußballverbände die Wahl. Reinhard Grindel | |
| hat das nicht verhindern können. Der DFB-Präsident bekannte im Sommer, er | |
| habe „klar dafür geworben“, keinen Zwei- oder Dreikampf um das | |
| Präsidentenamt entstehen zu lassen. Er fürchtete, dass die Uefa in mehrere | |
| Lager zerbricht. Doch wenn sich heute die Mitglieder zwischen den beiden | |
| Kandidaten, dem Niederländer Michael van Praag und dem Slowenen Aleksander | |
| Ceferin, entscheiden müssen, ist nur mit geringfügigen | |
| Meinungsverschiedenheiten und einem großen Einheitsblock zu rechnen. Die | |
| Mehrheit hat sich auf Ceferin verständigt. 40 Stimmen der 55 Landesverbände | |
| werden ihm schon zugerechnet. Und auch der DFB, der gern die EM 2024 | |
| ausrichten will, steht auf der sicheren Seite der Mehrheit. | |
| Der Aufstieg des wohl künftigen Uefa-Präsidenten mutet märchenhaft an. | |
| Bevor der 48-jährige Anwalt 2011 an die Spitze des kleinen slowenischen | |
| Verbands gewählt wurde, hatte er mit Fußball wenig zu tun. in seinen | |
| biografischen Daten bei der Uefa wird der Eintritt in den Funktionärskosmos | |
| mit dem Jahr 2005 veranschlagt, als er sich an der Vorstandsarbeit eines | |
| Futsalklubs beteiligte. | |
| Im Vergleich zum 68-jährigen van Praag, der 1989 Präsident von Ajax | |
| Amsterdam wurde und seit sieben Jahren im Uefa-Exekutivkomitee sitzt, wirkt | |
| Ceferin wie eine Kontrastfigur. Die Wahlkampfprogramme beider sind sich | |
| jedoch zum Verwechseln ähnlich. Sie kündigen jeweils nach der Ära von | |
| Michel Platini, der wegen der Annahme dubioser Zahlungen von der Fifa für | |
| vier Jahre gesperrt wurde, einen Neuanfang an. Sie versprechen mehr | |
| Transparenz und stärkere Kontrollmechanismen in der Verbandsarbeit. Sie | |
| werben für mehr Frauen in Führungsämtern, die Stärkung der kleineren | |
| Verbände, und sie sprechen sich jeweils gegen eine europäische Superleague | |
| aus. | |
| Der DFB behauptet dennoch, er habe seine Entscheidung für Ceferin nach | |
| einer intensiven Prüfung der Wahlprogramme getroffen. Zudem erklärte | |
| Präsident Grindel, dem Exekutivkomitee würden Impulse von außen guttun. | |
| ## Der wundersame Aufstieg | |
| Nach den jüngsten Hinweisen muss man sich jedoch fragen, ob Ceferins | |
| wundersamer Aufstieg weniger für die Öffnung eines verkrusteten Verbands | |
| nach außen steht als vielmehr für die Fortsetzung altbekannter interner | |
| Ränkespiele. Das norwegische Fußballmagazin Josimar präsentierte kürzlich | |
| in einem Bericht einige Indizien, die auf das starke Interesse von | |
| Fifa-Präsident Gianni Infantino und Russland an einem Wahlsieg Ceferins | |
| hindeuten. | |
| So rührte der Norweger Kjetil Siem, der Berater von Infantino, in | |
| Skandinavien offenbar die Werbetrommel für Ceferin. Bereits Anfang Juni, | |
| sechs Wochen bevor die Bewerbungsfrist der Präsidentschaftskandidaten | |
| abgelaufen war, verkündeten Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland, dass | |
| man den Slowenen unterstützten werde. Der russische Verband, der ebenso wie | |
| Fifa-Sponsor Gazprom mit van Praags kritischer Einstellung zur WM 2018 in | |
| Russland unglücklich ist, und 13 andere osteuropäische Länder folgten | |
| daraufhin dem skandinavischen Beispiel. | |
| Zudem ist Tomaz Vesel, ein Landsmann und Freund von Aleksander Ceferin, | |
| Anfang Juli zum Vorsitzenden der unabhängigen Audit- und | |
| Compliance-Kommission, also zum Chefaufseher der Fifa ernannt worden. Der | |
| ehemalige Fifa-Ethikberater Marc Pieth hält diese Verbindung und ihre | |
| sichtbaren Folgen für sehr bedenklich: „Das ist eine persönliche | |
| Freundschaft. Es gibt keine generelle Regel dagegen, aber das ist einfach | |
| Patronage.“ | |
| Van Praag postete übrigens die Recherchen des norwegischen Fußballmagazins | |
| im Internet. Er erklärte, er sei geschockt, und schrieb: „Wenn das wahr | |
| ist, dann werden die Fußballgeschäfte wieder wie früher betrieben. Das ist | |
| genau das, was ich ändern will.“ | |
| Kontinuität wird aber bei der Uefa offenbar weiterhin großgeschrieben. Dem | |
| gesperrten Michel Platini hat man schon seit geraumer Zeit einen Auftritt | |
| beim Kongress in Athen versprochen, obwohl dieser nach dem Urteil der | |
| Fifa-Ethikkommission unzulässig ist. Und weil der neuerdings mit der Uefa | |
| wieder so gut harmonierende Weltverband es nicht auf eine Konfrontation | |
| ankommen lassen wollte, räumte ihm die Ethikkommission nun ein Rederecht | |
| ein. Eine „Geste der Humanität“, wie man verkündete. Der wegen Korruption | |
| gesperrte Franzose soll sich von seinen Unterstützern in der Uefa | |
| verabschieden dürfen. | |
| 14 Sep 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Johannes Kopp | |
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