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# taz.de -- Kolumne „Nach Geburt“: Wenn's Arscherl brummt…
> „Feuchtgebiete“? „Darm mit Charme“? Hintenrum hat seit Jahren Konjunk…
> Der Trend ist jetzt auch in meiner Familie angekommen.
Bild: Das Kind trocken kriegen: ein Spaß für die ganze Familie
Tochter eins ist sehr stolz darauf, pupsen zu können. Das macht sie gerne.
Ich kann sie gut verstehen und unterstütze sie in ihrem Hobby, wo ich nur
kann. Emanzipation und so. Außerdem wissen selbst wir Norddeutsche: Wenn's
Arscherl brummt, is Herzerl g'sund.
Aber: Meine Tochter sollte sozialer werden. Denn den Ruhm, ordentlich
gepupst zu haben, teilt sie nicht gern. Die Frage, wer hier gerade einen
abgelassen habe, die meine Freundin ob ihres infantilen bis spätpubertären
Lebenspartners und zweier Minikinder häufiger stellt, beantwortet Tochter
eins immer mit „Ich!“. Immer. „Ich! Ich! Ich!“
Da bleibt die Anerkennung für meine besonderen Leistungen auf der Strecke.
Memo an mich: Dringend Ernährung umstellen.
So, weg vom Pupsen – hin zum Kacken. Irgendwann muss man ja anfangen, sein
Kind trocken zu bekommen. „Trocken bekommen“ ist ein merkwürdiger Ausdruck.
Der klingt irgendwie technokratisch, irgendwie euphemistisch und irgendwie
nach Trockenbau Kruse – Ihr Partner für den Innenausbau.
## Fehlkonditionierung aufm Topf
Wir haben bei diesem Lernprozess schon einen gravierenden Fehler begangen:
Wir haben Tochter eins aufs Töpfchen gesetzt und ihr ein Buch zu lesen
gegeben. Immer wieder aufs Töpfchen, immer wieder dasselbe Wimmelbuch.
Mittlerweile kackt sie ganz hervorragend. Allerdings nicht, wenn sie aufm
Töpfchen sitzt, sondern nur wenn sie Ali Mitgutsch liest – ganz egal, wo
sie sich gerade befindet.
Klassischer Fall von Fehlkonditionierung. Die wird ihr Leben lang nicht
mehr ohne Wimmelbuch auf Klo gehen können. Tja, kann man nichts machen,
außer alle Hoffnungen auf Tochter zwei legen.
Jetzt kommen Sie, liebe LeserInnen, berechtigterweise mit dem Vorwurf: Hey,
Pipi-Kacka-Pupsen, damit sind wir doch echt durch, wir haben schließlich
„Feuchtgebiete“ gelesen, und „Darm mit Charme“ auch, wir haben es
ausgehalten, wir ekeln uns vor nichts, das ist doch echt kein Thema mehr.
Doch wie sagte schon Peter Steiner in der [1][„Milka Fresh“-Werbung von
1994]: „Aber das stimmt nicht.“ Dann sagte er noch „It’s cool man“, a…
das ist jetzt egal.
## Mütter, Bäume, Prenzlauer Berg
Dass wir mit dem Thema noch lange nicht durch sind, bewies ein Tweet von
Sarah Kuttner von Ende August: „Ey, Mütter, die mitten in der Stadt,
eingekesselt von Cafés und somit Klos, ihre Kinder zum Pullern an Bäume
halten: nö!“ Und dann legte sie noch nach: „Die Prenzlauer-Berg-Kinder
nehmen den Hunden die Bäume zum Pullern weg! PFUI!“
Das gab viel Ärger. Ganz viel Ärger. [2][Bild.de] berichtete und
[3][Stern.de] auch und die Deutsche Presse-Agentur auch – und dann
berichteten eigentlich alle.
Und ich fand’s auch schlimm. Denn sie hat überhaupt nicht geschrieben, dass
Mütter und Väter ihre Kinder an Bäume halten. Voll diskriminierend.
Aber insgesamt muss ich Kuttner recht geben: Ichfind’s auch bescheuert,
dass Mütter ihre Kinder zum Pullern an den Baum halten. Das ist total
schädlich für den Rücken. Die Kleinen sollen mal schön selber am Baum
stehen oder hocken. Tochter eins wird schließlich auch nicht gehalten, wenn
sie es den Tripp-Trapp-Stuhl runterlaufen lässt – und dann pflichtschuldig
schluchzt: „Ich hab pinkelt.“
Tja. That’s gar nicht cool man.
9 Sep 2016
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=g9z3G-duHdQ
[2] http://www.bild.de/regional/berlin/sarah-kuttner/aetzt-gegen-wildpinkel-kin…
[3] http://www.stern.de/lifestyle/leute/sarah-kuttner-wettert-gegen-muetter-wil…
## AUTOREN
Jürn Kruse
## TAGS
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