# taz.de -- Bauer will kein Kraut von nebenan: Wachsendes Ärgernis | |
> Ein Landwirt aus Holstein hat gedroht, wegen der Verbreitung des | |
> Jakobs-Kreuzkrauts gegen die Stiftung Naturschutz zu klagen. Die findet, | |
> er sei selbst schuld | |
Bild: Kann Rinder und Pferde vergiften: Jakobs-Kreuzkraut. | |
HARDEBEK taz | Das Jakobs-Kreuzkraut ist für manchen die Pest. Der hoch | |
wachsende gelbe Korbblütler verbreitet sich seit einiger Zeit rasend übers | |
Land. Vielen Landwirten macht das Sorgen, denn wenn sie ins Tierfutter | |
gelangt, kann die Pflanze Pferde und Rinder vergiften. Der Landwirt Torsten | |
Blunck aus Hardebek bei Neumünster erwägt deshalb, die | |
schleswig-holsteinische Stiftung Naturschutz zu verklagen. | |
Wie verschiedene Medien berichteten, liegt eine Weide, die Blunck gepachtet | |
hat, direkt neben einer extensiv genutzten Fläche der Stiftung. Diese | |
bewirtschaftet im Auftrag des Landes ihre Flächen so, dass möglichst viele | |
Arten darauf Platz finden, was auch das Jakobs-Kreuzkraut begünstigt. | |
Bauer Blunck vermutet, dass die giftige Pflanze vom Stiftungsland aus auf | |
seine Weide übergreift. „Ich kann da nicht mehr mähen und Heu machen, da | |
das Kraut in das Futter gelangen könnte“, sagt er dem Holsteinischen | |
Courier. Im vergangenen Jahr habe er 100 Stunden damit zugebracht, das | |
Jakobs-Kreuzkraut auszustechen. „Warum soll ich den Dreck von der Stiftung | |
auf meine Kosten wegmachen?“, fragt er. | |
Wie Aiko Huckauf von der Stiftung der taz sagt, wollte sich Blunck am | |
Mittwoch mit seinem Anwalt beraten, ob eine Klage gegen die Stiftung | |
möglich sei. Der Landwirt selbst war bis Redaktionsschluss nicht zu | |
erreichen. Möglich wäre eine Schadenersatzforderung, weil die Weide nur | |
eingeschränkt nutzbar ist, und für die vielen Arbeitsstunden beim Jäten. | |
Außerdem will er die Stiftung zum Mähen ihres Grundstücks verpflichten und | |
seine Weide in einen Acker verwandeln, auf dem das Jakobs-Kreuzkraut keine | |
Chance hätte. | |
Aus der Sicht Huckaufs sind Bluncks Vorwürfe haltlos. Schon heute mähe | |
seine Stiftung einen 50 Meter breiten Streifen an der Grenze zu Bluncks | |
Grünland. Das sei mehr als genug. „Das Jakobs-Kreuzkraut setzt bei seiner | |
Vermehrung nicht auf die Verbreitung durch den Wind sondern auf Anhaftung“, | |
sagt er. Die weißen Büschel an den Samen dienten nicht wie beim Löwenzahn | |
dazu, den Wind zu fangen, sondern dazu sich an Kleidern oder Fell | |
festzusetzen. Huckauf sollte es wissen, leitet er doch das | |
Kompetenzzentrum, mit dem die Stiftung das Kraut auf naturverträgliche | |
Weise eindämmen will. | |
Bluncks Pufferstreifen werde seit 2014 regelmäßig gemäht, sagt Huckauf. | |
Diese Strategie sei mit dem Landwirtschaftsministerium abgestimmt. Bluncks | |
Problem sei, dass er sein Grünland nicht optimal pflege. Auf konventionell | |
bewirtschaftetem Land könne sich das Jakobs-Kreuzkraut normalerweise nicht | |
behaupten, sagt er und zitiert eine Vertreterin des Bauernverbandes: „Auf | |
ordnungsgemäß bewirtschaftetem Grünland bereitet das Jakobs-Kreuzkraut | |
keine Probleme.“ | |
Aus Sicht des Naturschutzbundes Nabu kommen das Ministerium und die | |
Stiftung den Bauern viel zu sehr entgegen. Im vergangenen Jahr kündigte der | |
grüne Minister Robert Habeck an, künftig würde das Kraut auf 1.000 statt | |
auf 500 Hektar „gezielt aktiv bekämpft“. Das sei „eine riesige, wertvolle | |
Grünland-Fläche, auf der die Biodiversität den Zielen der Stiftung | |
Naturschutz zuwiderlaufend erheblich geschädigt“ werde, findet der Nabu. | |
Beim Mähen würden Stauden und aufkommende Gehölze gekappt. Das Mulchen, bei | |
dem das Schnittgut fein zerhäckselt wird, töte die an den Pflanzen | |
sitzenden Tiere. Die Mäher und Häcksler homogenisieren das Mosaik aus hohen | |
und niedrigen Vegetationsbereichen und damit auch die Lebensräume. | |
So wird der Effekt zunichte gemacht, den die Stiftung dadurch erzeugt, dass | |
sie robuste Rinder wie Galloways ganzjährig auf den Flächen weiden lässt. | |
Die Tiere zertrampeln das Gelände und fressen selektiv und schaffen so | |
ökologische Nischen für Pflanzen und Tiere. | |
Das Jakobs-Kreuzkraut rühren sie in der Regel nicht an, denn es schmeckt | |
bitter. Eine vom Land finanzierte Studie der Stiftung mit der Kieler | |
Christian-Albrechts-Universität habe das bestätigt, sagt Huckauf. Dabei sei | |
eine Galloway-Herde untersucht worden, die mehrere Jahre auf Grünland mit | |
Jakobs-Kreuzkraut weidete. „Sämtliche Proben waren völlig unauffällig“, | |
sagt Huckauf. | |
Um das Kraut zurückzudrängen, hat die Stiftung bei der Kieler Universität | |
ein weiteres Forschungsprojekt in Auftrag gegeben: „Über fünf Jahre hinweg | |
werden mechanische Methoden zur Eindämmung erforscht“, sagt Huckauf. Denn | |
die chemische Keule einzusetzen, sei weder im Sinne der Naturschützer noch | |
der Imker. | |
24 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
## TAGS | |
Nabu | |
Stiftung Naturschutz | |
Wildnis | |
Schwerpunkt Glyphosat | |
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