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# taz.de -- Kommentar Unterstützung für Gaza: Ein Scheck hätte es auch getan
> Die Türkei schickt wieder Hilfsgüter nach Gaza. Das geht in dieser Form
> aber an der Lösung des eigentlichen Problems vorbei.
Bild: Neben Spielzeug(-waffen) gibt es auch genug Essen im Gazastreifen. Was fe…
Das hätten die Türken schon vor sechs Jahren haben können. 11 Tonnen
Hilfsgüter aus Ankara haben ihr Ziel erreichen: Spielzeug für
palästinensische Kinder im Gazastreifen, Kleidung, Medikamente und
Nahrungsmittel für die Menschen unter Belagerung. All das hatte auch die
Mavi Marmara geladen, die israelische Marinesoldaten 2010 vor der Küste
Gazas abfingen – nicht, um die Lieferung grundsätzlich zu unterbinden,
sondern um zum kontrollieren, ob unter den Mehltüten, Reis und Ölflaschen
Waffen versteckt sind. Das Angebot, die Hilfsgüter anschließend über den
Landweg in den Gazastreifen zu transportieren, bestand schon damals.
Die Palästinenser werden heute die Lieferung dankbar in Empfang nehmen,
wenn auch der ein oder andere mit dem Kopf schütteln mag. Denn an all dem,
was das türkische Schiff Lady Leyla geladen hat, mangelt es nicht im
Gazastreifen. Auf den Obst- und Gemüsemärkten herrscht reger Betrieb, die
Regale der Supermärkte sind gut bestückt. Es gibt fast alles zu kaufen, was
das Herz begehrt, nur leisten kann es sich nicht jeder. Israel exportiert
gern von der Windel bis hin zu Autoersatzteilen, solange der Kunde dafür
bezahlt. Im Gazastreifen herrscht keine Hungersnot. Ein Scheck hätte es
auch getan.
Wer sich ernsthaft um den Gazastreifen sorgt, ist aufgefordert, über
Lösungen nachzudenken, für zigtausende Menschen, die seit zwei Jahren in
Notunterkünften leben, weil ihre Häuser im Krieg zerstört wurden.
Baumaterial ist es, woran es mangelt. Israel schränkt die Einfuhr von Beton
und Stahl massiv ein – aus berechtigter Sorge vor Missbrauch für den Bau
geheimer Tunnel, durch die sich Terroristen den Weg zur anderen Seite des
Zauns bahnen könnten. Die pro-palästinensischen Menschenrechtsaktivisten
wären glaubwürdiger, wenn sie das Geld für Wohnmobile und Fertighäuser
mobilisierten, anstatt Medikamente mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum zu
schicken, wie sie die Mavi Marmara geladen hatte.
Trotzdem sind die zehn Aktivisten der Mavi Marmara, die bei der Enterung
des Schiffs 2010 getötet wurden, nicht umsonst gestorben. Ihr Tod rüttelte
die Welt wach, gegen die Belagerung und Israels absurde
Einfuhrbeschränkungen, die bis zur Ankunft der Mavi Marmara galten, zu
protestieren. Der Hilferuf der Menschen in Not allein reichte nicht. Die
lange Liste der verbotenen Güter umfasste Koriander, Radieschen und über
hundert andere Dinge, die das Leben ein wenig lebenswerter machen. Auf
internationalen Druck ließ Israels Regierung von allem außer Baumaterial
ab. Das ist ein riesiger Erfolg – aber zu welch hohem Preis.
Es wird wieder Tote geben, wenn die Belagerung nicht aufhört. Israel wird
die Grenzen geschlossen halten, solange die Hamas mit Attentaten droht. Ein
Tor zur Welt auch für den Export palästinensischer Güter und damit Hoffnung
auf wirtschaftliche Stabilisierung könnte der Hafen vor der Küste Gazas
sein, den israelische Politiker in Erwägung ziehen. Die künstliche Insel
würde der Armee Kontrollen ermöglichen und gleichzeitig Israel aus der
Verantwortung für den Gazastreifen entlassen. Auch ohne politische Lösung
für den Konflikt könnten beide Seiten unmittelbar gewinnen.
4 Jul 2016
## AUTOREN
Susanne Knaul
## TAGS
Gaza
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