# taz.de -- Nachbarschaftsstreit im Norden: „Von einem neuem Geist getragen“ | |
> Bremen kündigt das Gastschulabkommen mit Niedersachsen, will aber weiter | |
> verhandeln. | |
Bild: Frau Lehrerin, ich weiß was: Ob ein Schüler in Hamburg oder Schleswig-H… | |
HAMBURG taz |Hamburg und Schleswig-Holstein haben am Dienstag einen | |
Durchbruch bei ihren Verhandlungen über ein Gastschulabkommen erzielt. | |
Schüler der beiden Bundesländer dürfen in Zukunft frei wählen, wo sie auf | |
eine weiterführende Schule gehen. „Unser Entwurf ist von einem neuen Geist | |
getragen: Beide Länder stehen dem Schulbesuch im jeweils anderen Land | |
positiv gegenüber“, teilten Ministerin Britta Ernst und ihr Hamburger | |
Kollege Ties Rabe (beide SPD) in einer gemeinsamen Erklärung mit. | |
Ganz anders dagegen stehen die Dinge zwischen Bremen und Niedersachsen. Der | |
bremische Senat hat am Dienstag beschlossen, sein Gastschulabkommen mit dem | |
Nachbarland zum 1. August 2018 zu kündigen. „Das muss niemanden | |
beunruhigen“, versicherte eine Sprecherin von Bremens Bildungssenatorin | |
Claudia Bogedan (SPD). Schüler aus dem Nachbarland werden bis dahin weiter | |
aufgenommen und jeder Schüler solle auch im anderen Land seinen Abschluss | |
machen können – ganz gleich, wie die Verhandlungen ausgingen. Der Beschluss | |
sei bloß gefasst worden, um ein bisschen mehr Tempo in die Verhandlungen | |
mit Niedersachsen zu bringen. Am 6. September werde das Gastschulabkommen | |
Thema einer gemeinsamen Kabinettssitzung sein. | |
Laut Abkommen zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein können Schüler nach | |
der vierten und der zehnten Klasse die Schule frei wählen, in | |
Ausnahmefällen auch in anderen Jahrgangsstufen. Eine Klausel garantiert bei | |
stark nachgefragten Schulen den Vorrang der jeweiligen Landeskinder. | |
Diese Neuregelung gilt aber nicht für die Schüler von Privat-, Grund- und | |
Berufsschulen. Sie sollen weiter im jeweils anderen Land „nur in Fällen | |
besonderer persönlicher Härte“ aufgenommen werden. So steht es in dem | |
damals noch von Schwarz-Gelb (Kiel) und Schwarz-Grün (Hamburg) verhandelten | |
und seit 2011 gültigen Gastschulabkommen. Auch der darin formulierte | |
„Geist“ ist ein anderer: „Beide Länder streben an, grundsätzlich den | |
Schulbesuch ihrer Schülerinnen und Schüler im eigenen Land zu ermöglichen.“ | |
Das alte Abkommen soll noch bis Ende des Jahres gelten. | |
Mit dem neuen Abkommen wird Schleswig-Holstein bis 2019 jedes Jahr 100.000 | |
Euro mehr an Hamburg überweisen. 2016 sind es 13,3 Millionen – als | |
Ausgleich dafür, dass mehr Kinder aus Schleswig-Holstein in Hamburg zur | |
Schule gehen als umgekehrt. Unterm Strich bleibt für Hamburg trotzdem ein | |
Defizit von rund elf Millionen Euro stehen. | |
Durch die Änderung entfalle das unwürdige Ummelden zum Schein, um einen | |
Hamburger Wohnsitz nachzuweisen, lobten die in Kiel an der Regierung | |
beteiligten Grünen. „Ziel bleibt eine gemeinsame Schulentwicklungsplanung | |
mit Hamburg“, teilten sie mit. Die Handelskammer Hamburg stößt ins gleiche | |
Horn: Auch für die Berufsschulen müsse die freie Wahl gelten. | |
Zwischen Bremen und Niedersachsen gibt es ebenfalls ein deutliches | |
Missverhältnis im wechselseitigen Schulbesuch. Laut Bremer Angaben | |
überweist Niedersachsen pauschal 3,9 Millionen Euro pro Jahr für seine | |
Gastschüler. Das decke nur etwa die Hälfte der Kosten. Diese seien in den | |
vergangenen Jahren gestiegen. | |
Bremen verlange einen höheren Kostenausgleich für die Inklusion und die | |
beruflichen Vollzeitbildungsgänge, teilte das niedersächsische | |
Kultusministerium gestern auf Anfrage mit. „Aus niedersächsischer Sicht | |
macht die angekündigte Kündigung keinen großen Unterschied“, sagte | |
Ministeriumssprecherin Susanne Schrammar. Ohnehin hätten beide | |
Verhandlungspartner die Notwendigkeit gesehen, neu zu verhandeln. „Wir sind | |
zuversichtlich, zu einer konstruktiven Lösung zu kommen.“ | |
12 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
## TAGS | |
Staatsvertrag | |
Schule | |
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