# taz.de -- Prozess gegen Ägyptens Ex-Staatschef: Internationale Kritik an Urt… | |
> Mohammed Mursi war Ägyptens erster frei gewählter Präsident. Seit seinem | |
> Sturz laufen mehrere Verfahren gegen ihn. Nun erhält er erneut eine hohe | |
> Haftstrafe. | |
Bild: Der 64-Jährige wurde zu insgesamt 40 Jahren Haft verurteilt | |
KAIRO dpa | Die harten Urteile eines Strafgerichts in Kairo gegen Ägyptens | |
Ex-Präsidenten Mohammed Mursi und weitere Angeklagte haben scharfe Kritik | |
ausgelöst. Das Gericht hatte den 64 Jahre alten Islamisten am Samstag wegen | |
des Verrats von Staatsgeheimnissen an das Golfemirat Katar zu insgesamt 40 | |
Jahren Haft verurteilt. | |
Sechs Mitangeklagten droht die Todesstrafe. Die Menschenrechtsorganisation | |
Amnesty International nannte die Urteile „erschreckend“ und forderte die | |
Aufhebung der Todesstrafen. Katar erklärte, das Urteil entbehre jeder | |
Grundlage und widerspreche den Tatsachen. | |
Die Richter hatten es als erwiesen angesehen, dass Mursi während seiner | |
Amtszeit heikle Informationen an Katar weitergab. Zugleich bestätigte das | |
Gericht die Todesstrafen gegen zwei Journalisten des von Katar finanzierten | |
arabischen Nachrichtensenders Al-Dschasira sowie vier weitere Angeklagte. | |
Insgesamt standen in dem Verfahren elf Beschuldigte vor Gericht. Gegen die | |
Urteile kann Berufung eingelegt werden. | |
Mursis Strafe setzt sich zusammen aus einer Verurteilung zu lebenslanger | |
Haft, die 25 Jahre dauert, sowie einer weiteren Verurteilung zu 15 Jahren | |
Gefängnis, wie der Richter sagte. | |
Mursi war der erste frei gewählte Präsident Ägyptens. Im Sommer 2013 hatte | |
das Militär Mursi nach Massenprotesten gegen ihn gestürzt. Seitdem geht | |
Ägypten mit harter Hand gegen Islamisten vor. | |
## Scharfe Kritik auch aus der Türkei | |
Das Todesurteil gegen sechs Angeklagte hatte der Richter bereits Anfang Mai | |
vorläufig verhängt, es dann aber zur Überprüfung an Ägyptens Großmufti | |
Schauki Allam überwiesen. Die beiden Al-Dschasira-Mitarbeiter und eine | |
weitere Journalistin wurden in Abwesenheit verurteilt, da sie sich | |
außerhalb des Landes aufhalten. Die Regierung in Kairo wirft dem Sender | |
vor, die in Ägypten verbotenen islamistischen Muslimbrüder zu unterstützen. | |
„Ägyptens zerrüttetes und korruptes Justizsystem ist nicht viel mehr als | |
ein willfähriges Werkzeug bei der Unterdrückung jeder Art von Opposition | |
oder Kritik durch die Behörden“, erklärte Magdalena Mughrabi-Talhami, | |
Vize-Direktorin für das Nahost- und Nordafrika-Programm von Amnesty | |
International. Die lächerlichen Vorwürfe gegen die Journalisten müssten | |
fallen gelassen werden. | |
Katar verwahrte sich insbesondere gegen die Nennung seines Namens in dem | |
Urteil. Eine Anklage wegen Spionage für Katar sei ebenso erstaunlich wie | |
inakzeptabel, erklärte der Sprecher des Außenministeriums. Das | |
Außenministerium in Kairo warf Katar im Gegenzug vor, seit Jahren | |
„Medienlautsprecher für Feindseligkeiten gegen Ägypten zu rekrutieren“. | |
Auch die Türkei, die ein enges Verhältnis zu der inzwischen verbotenen | |
Muslimbruderschaft in Ägypten pflegte, kritisierte das Urteil scharf. Es | |
werde nicht zu Stabilität und Frieden in Ägypten beitragen, erklärte das | |
Außenministerium in Ankara. | |
Mursi hatte bereits 2015 wegen Verschwörung zu einem Gefängnisausbruch | |
während der arabischen Aufstände vor fünf Jahren eine Todesstrafe erhalten. | |
Auch das damalige Urteil löste weltweit massive Kritik aus. Wegen | |
Anstiftung zur Gewalt gegen Demonstrationen wurde Mursi in einem dritten | |
Verfahren zu 20 Jahren Haft verurteilt. Alle Fälle sind noch nicht in | |
letzter Instanz entschieden. | |
19 Jun 2016 | |
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