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# taz.de -- EMtaz: Das französische Team: La vie en rose sieht anders aus
> Noch läuft es nicht rund fürs französische Team – trotz des Sieges gegen
> Albanien. Der Trainer fühlt sich wie auf einem anderen Planeten.
Bild: Les Bleus: Erleichterung nach dem 1:0 gegen Albanien
Paris taz | So geht’s nicht weiter, rien ne va plus, der Rasen war Scheiße
im Stade Vélodrome. Didier Deschamps fluchte sich die französischen
Gazetten rauf und runter. „Wenn sich Marseille erlaubt, einen Monat vor
einem EM-Spiel ein AC/DC-Konzert auf dem Grün zu veranstalten, ist das ein
Desaster. Manchmal habe ich das Gefühl, auf einem anderen Planeten zu
sein“, klagte der Trainer gestern der täglichen erscheinenden Sportzeitung
L’Équipe sein Leid. Auch keine schlechte Ausrede für eine erste Halbzeit
gegen Albanien die „ratée“ war, total verkorkst.
Nein, es ist nicht la vie en rose zurzeit – trotz Sieg in den letzten
Minuten gegen Albanien, trotz Erreichen des Achtelfinales – das Team hat
noch immer nicht zu seiner Form gefunden, spielt noch immer nicht befreit
auf. Hugo Lloris, Kapitän und Torwart, übt sich in Demut: „Wir müssen viel
mehr Vertrauen in uns bekommen, mehr nach vorne spielen.“
Jacques Santini, Extrainer der Bleus, will mehr deren Markenzeichen sehen,
mehr Angriff, Kraft und Schnelligkeit: „Schluss mit kräftezehrenden
Zweikämpfen.“ Und er warnt gegenüber der Zeitung Le Parisien, sich als Les
Bleus darauf zu verlassen, dass man es stets doch noch ganz zum Schluss
hinkriegt – das mit dem Einlochen und den Toren.
„Kann man Europameister werden, wenn man jedes Mal erst in der 90. Minute
trifft?“, fragt man dort auch ketzerisch. Und beruhigt gleich darauf die
Leserschaft: Die Équipe sei immer noch unter den Titelfavoriten, auch wenn
Italien, Deutschland und Kroatien deutlich besser spielten. Treuherzig
beschließt man die Analyse mit einem „und schaut man die fünf letzten
Minuten gegen Albanien an, dann sind wir Genies“.
## Kerzen für die Mannschaft
Allerdings wäre es, so das Blatt, keine schlechte Idee gewesen, hätte die
Elf nach der Partie gegen Albanien für die eigene Mannschaft ein paar
Kerzen angezündet – beim Wahrzeichen von Marseille, der Wallfahrtskirche
Notre-Dame-de-la-Garde.
Ist es ohnehin schon verflucht anstrengend, Gastgeber bei einem Turnier zu
sein, ist es das in einer Atmosphäre wie dieser in Frankreich, einer
Atmosphäre am Anschlag, ganz besonders.
C’est la déprime – die Stimmung ist schlecht, geprägt von einer
Ungläubigkeit gegenüber der Hooligan-Gewalt in Marseille, Nizza und Lille,
von dem Mord an einem Polizistenpaar im Umland von Paris und einer aus dem
Ruder gelaufenen Großdemonstration gegen neue Arbeitsgesetze in Paris.
Dort hatten „casseurs“, vermummte Randalierer, am Dienstag auch versucht,
das „Hôpital Necker“, die wichtigste Kinderklinik der Region, anzugreifen.
Es gelang ihnen, alle Scheiben im Eingangsbereich zu zerstören. Ein Patient
dort war der dreijährige Sohn des Polizistenpaars, der die Bluttat an
seinen Eltern äußerlich unverletzt überlebt hatte.
## Raus aus der Tristesse
„Wir brauchen einen Sieg bei dieser EM, ein Ereignis, das uns rausbeamt aus
unserer Tristesse“ – die Verkäuferin am Zeitungsstand im 16. Arrondissement
von Paris will ihren Namen nicht verraten, aber sie schüttet einem ihr Herz
aus. Die ganze Politik, der Terror, das Hochwasser und dann auch noch
dieser hundsmiserable Frühling und Frühsommer – „die Jungs müssen es rei…
für uns!“
Gerade ist die letzte vorrätige Ausgabe von Le Parisien vom Donnerstag über
ihre Theke gegangen: „Dans quel monde vit-on?“ – in was für einer Welt
leben wir?, steht auf dem Titel. „Mein Mann ist nach der ersten Halbzeit
gegen Albanien ins Bett gegangen. Aber da kommt noch was: Vive les Bleus!“
16 Jun 2016
## AUTOREN
Harriet Wolff
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Fußball
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