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# taz.de -- Flüchtlingskinder: Vorwürfe gegen Mediziner
> Zu früh, und damit wirkungslos sollen Säuglinge in Hamburg geimpft worden
> sein. Staatsanwalt ermittelt.
Bild: Zu früh? Laut seinem Impfpass wurde mindestens ein Flüchtlingsbaby fals…
HAMBURG taz | Wurden Flüchtlingskinder falsch geimpft? Darauf deutet ein
Impfpass hin, der in Kopie der taz vorliegt. Demnach ist ein im September
2015 geborenes Baby im Alter von drei Monaten mit einem Vierfach-Impfstoff
gegen Mumps, Masern, Röteln und Windpocken geimpft. Doch nach der
Empfehlung der Ständigen Impfkommission soll diese Impfung erst ab dem
elften Monat erfolgen. Eine zu frühe Impfung gilt als wirkungslos, weil sie
sich durch den noch vorhandenen Nestschutz – so heißen die von der Mutter
mitgegeben Antikörper – aufheben kann.
Laut Impfpass stammt die Impfung vom privaten Medizinischen
Versorgungszentrum aus St. Georg, dass seit 2014 einen Exklusiv-Vertrag mit
der Innenbehörde zur Erstversorgung von Flüchtlingen hat. Der zuständige
Mediziner spricht derzeit nicht mit der Presse: „Wir geben keine Auskunft“,
heißt es am Telefon.
Über den Vorwurf hatte die Hamburger Morgenpost berichtet. „Wir haben im
vergangenen Jahr Dutzende von Impfpässen gesehen, laut denen die
Kombi-Impfung bei Säuglingen aus Zentralen Erstaufnahmen zu früh erfolgt
ist“, wurde dort die Sprecherin des Verbands der Kinder- und Jugendärzte
Annette Lingenauber zitiert. Auch die CDU-Politikerin Karin Prien sagt, sie
habe mit mehreren Ärzten gesprochen. „Mir sind mehrere Kinder-Impfpässe in
Kopie gezeigt worden.“ Die Frage nach falschen Impfungen müsse aufgeklärt
werden.
In der Morgenpost hatte der Chef des Versorgungszentrums die Vorwürfe
zurückgewiesen. Die betreffenden Impfpässe seien Fälschungen: „Kein drei
Monate altes Kind hat von uns diese Kombi-Impfung erhalten“. Das sei
nachprüfbar und „dreifach dokumentiert“.
Die Vorwürfe seien „ein halbes Jahr alt“, sagt auch
Gesundheitsbehörden-Sprecher Rico Schmidt. Man habe jedoch nie als Beleg
eine Impfpass-Kopie erhalten. „Wir würden jedem Fall nachgehen“, sagte auch
Senatorin Karin Prüfer-Storks (SPD) im Gesundheitsauschuss. Nur leider habe
sie nichts bekommen.
Die taz stellte der Behörde die Kopie mit den Impf-Einträgen nun zur
Verfügung. Eine verbindliche Beurteilung sei damit noch nicht möglich, da
das Alter fehle, sagt Schmidt. Er könne aber allgemein sagen, dass eine
Impfung mit einem Vierfach-Impfstoff gegen Mumps, Masern, Röteln (MMR) und
Varizellen für ein Kind im Alter von drei Monaten nicht der Empfehlung der
Impfkommission entspricht. Auch sollten MMR- und Varizellen-Impfung
getrennt durchgeführt werden.
Die Behörde werde nun durch den Gesundheitsdienst „stichprobenartige
Kontrollen“ von Impfpässen vornehmen, die gegebenenfalls „flächendeckend�…
ausgeweitet werden könnten. Außerdem werde die Innenbehörde ihren
Vertragspartner zur Stellungnahme auffordern, um die Vorwürfe schnell
aufzuklären.
Indes sagt Verbandssprecherin Lingenauber, man solle die Sache nicht zu
sehr dramatisieren. Bei Mehrfach-Impfstoffen seien die Altersangaben
unterschiedlich. „Wir haben einige Impfpässe gesehen, wo das durcheinander
ging“. Doch wenn ein Kind zu früh oder zu viel geimpft werde, passiere in
der Regel nichts. Nur konkurriere die Impfung mit den mütterlichen
Antikörpern. „Wenn man so einen Impfpass sieht, wird nur deutlich, das war
nicht erfolgreich, ich starte neu.“
Lingenauber sagt, sie sieht sich in der Morgenpost nicht korrekt zitiert.
Sie habe keine Zahlen genannt. „Unser Ziel ist, eine zunehmende Kampagne
gegen die impfenden Ärzte zu vermeiden“. Auch unter Ärzten gibt es Stimmen,
die sich mit der kritisierten Praxis solidarisieren, die unter schwierigen
Bedingungen die medizinische Versorgung übernommen habe. „Was das MVZ als
Team geleistet hat, wird in der Stadt gar nicht wahrgenommen“, sagt der
Mitarbeiter eines Gesundheitsamtes. „Wenn etwas gut funktioniert hat, ist
es die medizinische Erstversorgung und die Impfung“.
Die CDU-Abgeordnete Prien sagt, „juristisch gesehen ist Impfen, das nicht
wirksam und indiziert ist, eine Körperverletzung“. Auch könnte die
Abrechnung einer in diesem Sinne falschen Impfung Betrug sein. Man müsse
sich den Vertrags zwischen der Innenbehörde und dem Medizinischen
Versorgungszentrum „genau angucken“.
Derweil hat die Staatsanwaltschaft ein förmliches Ermittlungsverfahren
eingeleitet. Unter anderem werde der Verdacht der fahrlässigen
Körperverletzung geprüft.
Anmerkung der Redaktion: Der Text wurde nach Veröffentlichung bearbeitet.
Im neunten Absatz wurde eine zusätzliche Stellungnahme von Frau Dr.
Lingenauber und eine weitere Stellungnahme eingefügt
8 Jun 2016
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Minderjährige Geflüchtete
FDP
Flüchtlinge
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