# taz.de -- Der Wochenendkrimi: Makel der feinen Gesellschaft | |
> Wenn Mutter und Tochter gemeinsam ermitteln, knirscht es bisweilen. Sie | |
> stoßen auf einen Fall von organisiertem Kinderhandel aus dem Osten. | |
Bild: Die Ermittlerinnen im Rotlichtmilieu | |
Eine aparte Konstellation: Die Dresdener Kriminalermittlerin Bärbel | |
Wallenstein (Anja Kling) ist Chefin der jüngeren Kim Tilly (Lisa | |
Tomaschewsky) – und zugleich deren Mutter. Ein per se schon heikles | |
Arbeitsverhältnis, verschärft durch den Umstand, dass Kim der Mutter | |
zürnend gegenübersteht. Nach langer Trennung bemüht sich Bärbel um | |
Annäherung, stößt aber zumeist auf schroffe Zurückweisung. Dem Vorgesetzten | |
Uwe Albert bleiben die Spannungen nicht verborgen. Er droht mit Tochter | |
Kims Versetzung. | |
Damit gerät der zweite Fall des Gespanns zur Bewährungsprobe. Die | |
Vorgeschichte, Thema bereits im Auftaktfilm „Dresdener Dämonen“, wird mit | |
Blick auf neue Zuschauer angenehm beiläufig rekapituliert. Die familiären | |
Beziehungen versehen das polizeiliche Procedere mit eigener Würze, zum | |
Beispiel, wenn Bärbel Wallenstein eine gelungene Tatortanalyse der Tochter | |
mit verkapptem mütterlichem Stolz kommentiert. | |
Subtile Momente, ein Kontrast zum unnötig drastischen Beginn. Das Opfer | |
liegt mit blutigem Schädel auf einem Billardtisch, schlägt noch einmal die | |
Augen auf, eine Hand hebt einen Hammer … | |
Die Ermittlungen erweisen sich als brisant. Der Ermordete stand in | |
Verbindung zu einem Bordellkönig, der aus dem Osten stammende Kinder und | |
Jugendliche verschachert. Ein latent aktuelles Thema, wobei Autor Mathias | |
Klaschka und Regisseur Hannu Salonen davon absehen, die Ermittlerinnen in | |
heiligem Eifer auf einen Kreuzzug gegen die Kinderschänder zu schicken. | |
Eine solche Erzählhaltung hätte den Fall zur Ausnahme erhoben. | |
Diese Polizisten hingegen sind es gewohnt, dass die feine Gesellschaft die | |
Ausbeutung der Jugendlichen als selbstverständlichen Luxus nimmt und den | |
Missbrauch gar noch schönredet. Verstörend genug. | |
4 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Harald Keller | |
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