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# taz.de -- Die Wahrheit: Logik der Löwen
> O England! O Queen! Steht der Brexit an oder nicht? Innenansichten aus
> dem britischen Reich des Irrsinns.
Bild: Früher spielte der britische Löwe mit der Weltkugel Katz und Maus
Was würde Queen Elisabeth die Erste – die beste Königin aller Zeiten, aller
Länder, aller Universen übrigens –, was würde sie sagen, wenn sie sehen
könnte, was aus ihrem einst so stolzen Land geworden ist?
Das ist eigentlich das, was uns Engländer am traurigsten macht, wenn wir an
die EU denken müssen. Unsere hübsche jungfräuliche Königin, total weiß, mit
roten Haaren und komischen Zähnen, so stolz und tapfer wie ein Mann, wie
ein englischer Mann zumindest und damit so stolz und tapfer wie ungefähr
zehn bis zwölf europäische Männer. Was würde sie sagen, wenn sie uns jetzt
betrachtete?
Wenn Queen Elisabeth I. sehen könnte, wie das beste Land der Welt sich als
Sklave Europas hingebückt hat, würde sie sich im Grab umdrehen, schneller
als Wonderwoman bei der Verwandlung, und wahrscheinlich würden alle ihre
Zähne raus- und ihre Perücke wegfliegen und es würde alles ziemlich
schrecklich aussehen.
## Das beste Land der Welt
O England! Wir sind nicht irgendein Land wie zum Beispiel Slowenien, das
alle, sogar Russen, mit der Slowakei verwechseln! Es gibt schon eine Menge
Länder, bei denen, wenn ihre Namen aufgerufen werden bei Olympischen
Spielen oder dem Eurovision Song Contest, alle beschämt zu Boden gucken,
weil sie nicht gut genug aufgepasst haben in Erdkunde. England ist so ein
Land nicht! England ist das beste Land der Welt!
England ist das Land, das nicht nur Fußball erfunden hat, sondern auch
Cricket, Tennis und noch dazu Rugby und Darts. Wir sind das Land mit den
roten Briefkästen und den roten Telefonzellen und den roten Bussen und den
Menschen mit der roten Haut. Das Land von Shakespeare und Sherlock Holmes,
Jane Austen und Doctor Who, Gurkensandwiches und Leuten, die immer
Strickjacke tragen, obwohl es schon längst Zeit für einen Wintermantel ist.
Die Pubs schließen pünktlich um elf, sodass die Krankenwagenfahrer, die
alkoholisierte Jugendliche, die an ihrer Kotze zu ersticken drohen, ins
Krankenhaus fahren müssen, schon um Mitternacht Feierabend machen können.
Wir sind das Land, wo die Menschen auf der richtigen Straßenseite fahren.
England! Was ist aus unserem tollen Land geworden? Früher brüllten wir wie
brillante Löwen, früher kämpften wir wie Drachen. Jetzt jammern wir wie
kastrierte Katzen. Früher waren wir frei. Jetzt sind wir Deutschlands Bitch
geworden. Deutschland sagt: „Tanz!“ Und wir sagen: „Welches Lied soll ich
auf meinem iPod spielen, und magst du es, wenn ich mir den BH vorher
ausziehe?“ Diese Erniedrigung! Aber jetzt ist der Tanz vorbei.
Dabei haben wir versucht, Europa eine Chance zu geben, oder etwa nicht?
David Cameron ist zu Angela Merkel gegangen, hat sie gebeten: Bitte, hör
auf, uns so zu erniedrigen, als ob wir GogoGirls wären! Wir wollen unsere
Souveränität behalten! Bitte hör auf, uns mit euren Gurkenrechten und
Arbeiterrechten und Menschenrechten vollzulabern.
„Frau Merkel!“, sagte Cameron ganz höflich, vielleicht ein bisschen zu
höflich, ehrlich gesagt: „Die Menschen in England sind frei, und wenn man
frei ist, braucht man keine Menschenrechte! Menschenrechte sind was für
schwule Europäer, die statt Milch Zitrone im Tee und statt Ketchup Mayo auf
den Pommes haben wollen! Bitte hör auf damit! Nein Angela, du sagst uns
jetzt nicht, dass wir Zitrone in unserem Tee trinken sollen! Schlimm genug,
dass du willst, dass unsere Gefangenen wählen dürfen sollen und dass unsere
Kinder nicht mehr geschlagen werden dürfen. Hier, nimm mal ein
Gurkensandwich, ist das nicht lecker? Ich hoffe, dass diese starke
englische Gurke dir schmeckt, wir mögen unsere Gurken krumm und unsere
Menschen frei.“
Frau Merkel hat es nicht verstanden. Wie kann ein Europäer jemals
verstehen, was ein Engländer meint, wenn er von Freiheit spricht? Wenn ein
Europäer von Freiheit spricht, redet er über unmännliche Freiheiten,
innerhalb Europas herumreisen zu dürfen und so weiter. Aber für Engländer
bedeutet das ganz einfach: die Freiheit, krumme Gurken zu essen, keinen
Kündigungsschutz zu haben und die eigenen Kinder zu schlagen.
## Löwen in den Herzen
Aber es hat alles nichts bewirkt. Und jetzt? Jetzt ist so weit gekommen.
Jetzt wählen wir Europa ab. Am 23. Juni zeigen wir es euch! Zu lange haben
die Löwen in unseren Herzen brav geschlafen. Jetzt werden sie aufwachen.
Wir werden den Geist von Queen Elisabeth der Ersten aufwecken!
Dabei wollen wir zugleich im britischen United Kingdom vier verschiedener
Länder bleiben. Denn so eine Vereinigung ist am besten für alle. Wenn wir
zusammenbleiben, sind wir nämlich stärker. Das ist zwar nicht sehr logisch,
wenn wir aus der einen Union heraus- und in der anderen bleiben wollen.
Aber wir haben nie gesagt, dass wir gut in Logik sind. Wir sind ein großes
Land voller tapferer Soldaten und energetischer Löwen und wunderbarer
Könige. Von Logikern war wirklich nie die Rede.
1 Jun 2016
## AUTOREN
Jacinta Nandi
## TAGS
Schwerpunkt Brexit
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Gina-Lisa Lohfink
Großbritannien
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