# taz.de -- Atlético Madrid gegen Bayern München: Eine phänomenale Niederlage | |
> Spaniens Fußballöffentlichkeit ist voll des Lobes über Pep Guardiolas | |
> Taktik – trotz des 0:1. Deutschland fragt, wo Thomas Müller blieb. | |
Bild: Da fliegt der Manu halt mal umsonst. Passiert ihm auch nur in der Champio… | |
Der Interviewer des spanischen Fernsehens war kaum zu bremsen. Pep | |
Guardiola, Xabi Alonso, Javi Martínez – allen, die er vor das Mikrofon | |
bekam, erwies er seine Hochachtung. „Glückwunsch, haben Sie vielen Dank für | |
diesen Abend“, gratulierte er den geschlagenen Bayern: „Wir haben ein | |
phänomenales Fußballspiel gesehen.“ Das 0:1 illustriert den kulturellen | |
Graben, der Guardiolas Münchner Zeit begleitet. | |
In Spanien versteht man nicht, wie man diesem Trainer nicht danken kann für | |
die Sublimierung, die er dem Fußball geschenkt hat, zumal dem vorher | |
vermeintlich eher unkultivierten Kick der Germanos. Sein Liebling Thiago | |
Alcántara hat diesen Missionarsdienst vor dem Besuch bei Atlético Madrid | |
noch einmal unterstrichen: „Es gibt einen großen Unterschied zwischen der | |
Bundesliga des Jahres, als Guardiola und ich kamen, und der von heute.“ Wie | |
die Bayern auch am Mittwoch wieder während der Partie die Positionen | |
änderten, wie die Außenverteidiger Philipp Lahm und Juan Bernat in der | |
zweiten Halbzeit als verkappte Spielmacher in der Mitte agierten – all das | |
wurde in Spanien gelobt. | |
In Deutschland versteht man hingegen nicht, wie Guardiola im bisher | |
wichtigsten Spiel der Saison den wohl wichtigsten Spieler draußen lassen | |
kann. Thomas Müller ist ja das personifizierte Bayern-Gefühl, sein so | |
anarchischer wie effizienter Spielstil hat ihn auch zum WM-Torschützenkönig | |
und Schrecken aller Verteidiger gemacht. In Madrid spielte er gut 20 | |
Minuten und schien dabei die eigene Mannschaft mehr zu verwirren als den | |
Gegner. | |
Guardiola konnte seine Aufstellung natürlich gut erklären, es ging darum, | |
„den Platz breit zu machen und den Gegner in seine Hälfte zu drücken“. | |
Daher drei zentrale Mittelfeldspieler (Thiago, Alonso und Vidal) sowie zwei | |
Flügelspezialisten (Coman, Costa). Wie so oft setzte Guardiola das System | |
vor die Personen, die innovative Lösung vor die naheliegende, die | |
Autorenschaft des Trainers vor die Hierarchie im Cast. Wie so oft sah das | |
alles nicht schlecht aus und generierte in der zweiten Halbzeit sogar „mehr | |
Torchancen, als das gegen Atlético üblich ist“ (Guardiola). Aber wie immer | |
bei seinen Besuchen in der Heimat kommen die Bayern ernüchtert zurück. Real | |
Madrid, FC Barcelona, Atlético Madrid. Drei Jahre Guardiola, drei | |
Halbfinalhinspiele, drei Niederlagen. 0:5 Tore. | |
## Es geht um Vergangenheitsbewältigung | |
Zu dieser vernichtenden Bilanz gehört das Pech, regelmäßig von Traumtoren | |
besiegt zu werden. Der Slalomlauf des jungen Mittelfeld-Allrounders Saúl | |
Ñíguez in der 11. Minute war in Rhythmus, Finesse und Abschluss von so | |
atemberaubender Perfektion, dass berechtigte Vergleiche zu Lionel Messi | |
oder Diego Maradona angestellt wurden. Er stellte zudem für einen | |
Schlüsselmoment das Narrativ dieses Halbfinals auf den Kopf. Die | |
vermeintliche Zynikertruppe Atlético Madrid sorgte für den ästhetischen | |
Höhepunkt, während die vermeintlichen Ästheten aus München dem Zynismus | |
huldigten: „Wir hätten ihn stoppen müssen“, sagte Xabi Alonso, er meinte | |
natürlich: per Foul. | |
0:1 also wieder, wie vor zwei Jahren bei Real. Guardiola erwähnte diesen | |
Vergleich unaufgefordert, als er auf das Rückspiel blickte: „Wir werden | |
versuchen, nicht so anzugreifen wie damals, als wir in fünf Minuten alles | |
klären wollten und nach 20 Minuten alles verloren hatten.“ Das damalige | |
0:4-Debakel betrachtet er bis heute als dunkelste Stunde seiner | |
Trainerlaufbahn. Weil er den Deutschen gab, was er meinte, das die | |
Deutschen sehen wollten. Diejenigen, die ihn jetzt für den Verzicht auf | |
Müller kritisieren. | |
Im letzten Monat seiner Amtszeit geht es am Dienstag in München also noch | |
mal um gelebte Vergangenheitsbewältigung. Geduld predigt Guardiola, denn | |
natürlich wird Atlético dann wieder so kompakt verteidigen wie in Madrid | |
nach dem Führungstor: Die Mitte massieren, das Spiel auf die Flügel | |
umleiten, pressen und gelegentlich kontern wie eine Viertelstunde vor | |
Schluss in Madrid, als Fernando Torres mit einem Außenristschlenzer den | |
Pfosten traf. Sich gegen Atlético in den Strafraum zu kombinieren, ist fast | |
unmöglich; umso mehr dürften die Bayern wieder ihre europaweit wohl | |
unerreichte Vielfältigkeit der Angriffsoptionen aufführen. | |
Ein teutonisches Element im spanischen Spielsystem. An der perfekten Fusion | |
tüftelt Guardiola nun seit fast drei Jahren. Das Rückspiel ist die letzte | |
Chance. | |
28 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Florian Haupt | |
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