# taz.de -- Karneval der Kulturen: Multikulti jetzt am Stadtrand | |
> Berlins Vorzeige-Event in Sachen Vielfalt und Toleranz residiert jetzt in | |
> Marzahn. Streit mit Senat vorerst beigelegt, aber Finanzierung für 2017 | |
> weiter offen. | |
Bild: So schön wie 2015 soll der Karneval der Kulturen wieder werden. | |
Der Karneval der Kulturen ist umgezogen – nach Marzahn. Zweieinhalb Wochen | |
vor dem 21. Umzug an Pfingstsonntag präsentierten die Veranstalter am | |
Mittwoch erstmals das neue „Haus des Karnevals“. In sieben Räumen mit 1.700 | |
Quadratmetern können die Gruppen seit Anfang März Kostüme nähen, Aufbauten | |
basteln und ihre Auftritte proben. Dies sei eine „pragmatische Lösung“ | |
gewesen, sagte die Leiterin des Karnevals, Nadja Mau, näher am Zentrum | |
seien die Mieten „nicht erschwinglich“. Vermieter in Marzahn ist die GSG, | |
eine der drei „Partner“ genannten Sponsoren des Karnevals. Mit der GSG habe | |
man einen „großzügigen Mietvertrag“ geschlossen, so Mau. | |
Nicht allen war beim Umzug in den tiefen Osten wohl, der Weg ist weit, der | |
Ruf als Nazi-Hochburg gefestigt. Es mag an beidem liegen, das bislang erst | |
rund 20 Gruppen ihre Arbeit in die neuen Räume verlegt haben. „Wir müssen | |
unser Bild von Marzahn überdenken“, sagt Ruth Hundsdoerfer vom | |
Karnevalsbüro beim Rundgang durch die neuen Räume. Auch Nubia Ramirez von | |
der Gruppe „Comparsa Chamenes“ gibt zu: „Ich hatte erst Angst in der S-Ba… | |
hierher zu kommen.“ Aber bislang sei ihr nichts passiert und es sei | |
andererseits schön, mal „ein anderes Berlin“ kennen zu lernen. | |
Für die Konsumenten des Karnevals ändert sich übrigens nichts: Der Umzug | |
selbst wird wie gehabt rund um den Neuköllner Hermannplatz stattfinden, das | |
Straßenfest am Blücherplatz in Kreuzberg. Dass in diesem Jahr 73 Gruppen, | |
11 mehr als 2016, mit 5.000 Teilnehmern beim Umzug mitmachen, wertet Mau | |
als ermutigend. Es gebe offenbar ein großes Interesse unter BerlinerInnen, | |
sich am Karneval als Sinnbild der Weltoffenheit und Toleranz in Berlin zu | |
beteiligen, „gerade in diesen Zeiten“. | |
In den vergangenen Jahren hatte es um die Finanzierung der | |
Großveranstaltung, die Jahr für Jahr angeblich über eine Million Touristen | |
anzieht, immer wieder Konflikte gegeben. Seit 2010 gibt der Senat einen | |
Zuschuss, in diesem Jahr rund 800.000 Euro. Das Geld reichte aber nie, | |
trotz eigener Einnahmen von rund 500.000 Euro waren die Gruppen und | |
Organisatoren immer auf Sponsoren angewiesen. Dennoch hatte | |
Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) im vorigen Jahr angekündigt, dass | |
sie ab 2017 nur noch 270.00 Euro zahlen wolle. Nach Protesten und zähen | |
Verhandlungen erhöhte sie den Betrag im Dezember auf 500.000 Euro. | |
## Deckungslücke von 330.000 für 2017 | |
Am Mittwoch demonstrieren Mau und Kolat Einigkeit. Beide loben den | |
„Konzeptdialog“, zu dem man sich ab Herbst zusammengefunden hatte, um die | |
Streitigkeiten zu lösen. Mau betont, seitdem habe man nicht nur das schon | |
lange gewünschte „Haus des Karnevals“ gefunden, sondern auch einen Beirat | |
und einen Trägerverein gegründet, ein Sicherheitskonzept vorgelegt – und | |
mit der Piranha Arts AG einen neuen Träger gefunden, mit dem alle zufrieden | |
seien. | |
Erst auf Nachfrage sagt Mau, dass für 2017 weiter rund 330.000 Euro fehlen. | |
„Und wir gehen nicht davon aus, dass wir das allein mit Partnern lösen | |
können.“ Kolat dagegen zeigt sich zuversichtlich, eine Lösung zu finden, | |
indem der Förderverein „Mittel generiert“, mehr „Partner“ gefunden wer… | |
oder das Land mehr zuschieße. Letzteres sei aber kein Automatismus. | |
28 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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