| # taz.de -- Akkreditierungsverfahren in Hannover: Eine klitzekleine Chance | |
| > US-Präsident Obama besucht die Messe Hannover. Viele Journalisten wollen | |
| > sich dafür anmelden. Das Prozedere allerdings ist äußerst kafkaesk. | |
| Bild: Nicht alle bekommen Obama direkt zu Gesicht | |
| Ich will Obama sehen. Oder besser: Ich muss an Obama rankommen. Der | |
| US-Präsident, der mächtigste Mensch der Welt, besucht Hannover! Hannover | |
| ist die Hauptstadt meines Berichtsgebiets Niedersachsen, und Niedersachsen | |
| steht bei meinen Berliner taz-Kollegen nicht immer im Ruf, täglich Breaking | |
| News abzuwerfen. Am Sonntag aber eröffnet Obama die Hannover-Messe, trifft | |
| Kanzlerin Merkel. Die hat nicht nur SPD-Chef Gabriel im Schlepp, sondern | |
| auch die Regierungschefs von Frankreich, Großbritannien und Italien. | |
| Obama zu sehen ist also Pflicht. Dass das nicht einfach würde, war mir | |
| klar. Dass ich dabei in eine Bürokratie hineingeraten würde, an der Kafka | |
| seine Freude gehabt hätte, nicht. Um ehrlich zu sein: Auch zwei Tage vor | |
| Landung der Air Force One in Hannover-Langenhagen habe ich keine Ahnung, ob | |
| ich auch nur eine Minute mit dem Präsidenten in einem Raum verbringen | |
| werde. | |
| Dabei habe ich mich wirklich bemüht. Schon vor Wochen habe ich mich auf der | |
| Homepage der Bundesregierung angemeldet: „Akkreditierung“ heißt das im | |
| Journalistendeutsch. Ich habe die Nummer meines Personalausweises | |
| eingetippt, damit Bundeskriminalamt und Secret Service überprüfen können, | |
| ob ich nicht vielleicht doch Terrorist bin. Auch ein „Akkreditiv“ habe ich | |
| hochgeladen – das ist eine Bescheinigung, dass ich wirklich für die taz | |
| arbeite und nicht bloß ein Schaulustiger bin. | |
| Zurückbekommen habe ich den Hinweis, dass „nur eine begrenzte Anzahl an | |
| Journalisten Zugang erhalten kann“. Und: Für die Eröffnungsfeier bitte die | |
| Messe direkt anmailen. Von dort kam der Hinweis, „dass eine Bewerbung nicht | |
| automatisch die Teilnahme an der Eröffnungsfeier bzw. am Messerundgang | |
| garantiert“. | |
| ## Per Du mit dem Präsidenten | |
| Ich lerne: Ich habe mich gar nicht akkreditiert, sondern nur um eine | |
| Teilnahme beworben. Telefonate helfen nicht weiter: Wann „Seine Exzellenz“, | |
| abgekürzt S.E., was wo macht, stehe noch nicht fest: „Das bestimmen alles | |
| die Amerikaner“, flüstert es verschwörerisch aus dem Hörer – „und das … | |
| dauern.“ Immerhin: Innerlich bin ich mit Barack mittlerweile per Du. Danach | |
| passiert erst einmal tagelang nichts. Okay: Niedersachsens Landesregierung | |
| leitet ein vorläufiges Programm des Bundespresseamts weiter. Darauf sechs | |
| Termine, von Baracks Landung am Sonntag bis zu Baracks Abflug am Montag. | |
| Fünf davon sind ausschließlich für Fotografen und Kamerateams – schöne | |
| Bilder sind eben alles. | |
| Ich Schreiber könnte mich einzig für die „Pressebegegnung“ von Obama und | |
| Merkel vor dem Schloss Herrenhausen bewerben. Allerdings: Damit würde ich | |
| gleichzeitig von der Messeeröffnung in der Stadthalle ausgeschlossen – von | |
| der ich noch gar nicht weiß, ob ich an ihr teilnehmen kann. Zumindest meine | |
| Akkreditierung beim Bund habe dann doch gar keinen Sinn gehabt, meckere ich | |
| einen Chef vom Dienst des Bundespresseamts am Telefon an. „Genau“, | |
| antwortet der. | |
| Immerhin: KollegInnen haben ähnliche Probleme. „Unfähig“ seien die | |
| Sprecher, finden Journalisten, die an irgendeinem Punkt des | |
| „Akkreditierungsverfahrens“ gescheitert sind. Erfolgreichere heucheln | |
| Verständnis: „Seine Exzellenz“ reise eben wie ein mittelalterlicher König | |
| mit einem Hof von 650 Begleitern, darunter 140 Medienleute – und davon | |
| seien die von der White House Press die schlimmsten: „Unverhandelbar“ | |
| blockten die immer die besten Plätze. | |
| ## Die Metalldetektoren warten schon | |
| Persönlich habe ich mittlerweile eine Zusage für die Messeeröffnung am | |
| Sonntagabend. Ob ich die gleiche Luft wie Obama atmen werde oder nur im | |
| „Pressearbeitsraum Bonatzsaal“ auf Monitore starren darf, steht noch nicht | |
| fest. Um dabei zu sein, soll ich bis spätestens („Bitte seien Sie | |
| pünktlich!“) 14.30 Uhr am Messegelände sein, um mich nach einer intensiven | |
| Sicherheitsüberprüfung in einem versiegelten Shuttle quer durch Hannover | |
| zur Stadthalle karren zu lassen. Dort warten weitere Metalldetektoren. | |
| Ob ich mir das alles antue, weiß ich noch nicht. Vielleicht schaue ich | |
| einfach den Livestream. | |
| 22 Apr 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Wyputta | |
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