# taz.de -- Baustopp-Urteil aufgehoben: Flüchtlinge dürfen in Container | |
> Hamburgs höchste Verwaltungsrichter heben Baustopp für Flüchtlingsheim im | |
> Norden der Stadt auf. Der Beschluss hat bundesweite Bedeutung. | |
Bild: Für drei Jahre auch ohne Bebauungsplan erlaubt: Flüchtlingscontainer in… | |
HAMBUR taz | Die Entscheidung wurde mit großer Spannung erwartet: Erstmals | |
entschied am Montag in Hamburg ein Oberverwaltungsgericht (OVG) | |
letztinstanzlich über die Auslegung der im vergangenen Oktober von | |
Bundestag und Bundesrat beschlossenen Ausnahmeregelungen für den Bau von | |
Flüchtlingsunterkünften. Anders als zuvor das Hamburger Verwaltungsgericht | |
genehmigte das OVG eine Flüchtlingserstaufnahme im gut betuchten Hamburger | |
Vorort Lemsahl-Mellingstedt am Alster-Oberlauf mit 252 Plätzen. | |
Mehrere AnwohnerInnen hatten gegen die Unterkunft mit dem Argument geklagt, | |
der geltende Bebauungsplan lasse in dem reinen Wohngebiet die Errichtung | |
der Unterkunft für Schutzsuchende nicht zu. Dieser Auffassung hatte sich | |
Mitte Februar das Verwaltungsgericht in einem Eilverfahren angeschlossen | |
und den Bau bis zu einer endgültigen Entscheidung gestoppt. Die | |
Baugenehmigung sei voraussichtlich rechtswidrig, da sie für drei Fünftel | |
der Fläche am Fiersbarg eine im Bebauungsplan nicht vorgesehene Nutzung | |
ermögliche, befanden die Richter. Für eine rechtskonforme Baugenehmigung | |
wäre eine Änderung des Bebauungsplans notwendig. | |
Bereits im Dezember 2015 war die Stadt Hamburg vor dem Verwaltungsgericht | |
gescheitert, weil die Erstaufnahmeeinrichtung in einem „reinen Wohngebiet“ | |
gebaut wurde. Damals wollte Hamburg am Fiersbarg noch rund 950 Flüchtlinge | |
in den Containern unterbringen. | |
Daraufhin startete die Stadt einen erneuten Versuch. Sie erteilte eine auf | |
drei Jahre befristete Baugenehmigung für eine deutlich reduzierte | |
Erstaufnahmeeinrichtung. | |
Das OVG kommt nun zu der Einschätzung, dass der Gesetzgeber mit den im | |
vergangenen Herbst beschlossenen Ausnahmeregelungen für den Bau von | |
Flüchtlingsunterkünften es gerade ermöglichen wollte, dass „in die | |
Grundzüge des Bebauungsplans eingegriffen werde“. | |
Gegen den Beschluss ist weder das Rechtsmittel der Revision noch das der | |
Beschwerde möglich – ihm kommt auch deshalb bundesweit Präzedenzcharakter | |
zu. | |
Allerdings weist das OVG in einer Mitteilung gezielt darauf hin, dass das | |
Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz lediglich „für die Dauer von längstens | |
drei Jahren die Genehmigung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder | |
Asylbegehrende erlaube“. Am Fiersbarg in Lemsahl-Mellingstedt sollen 17 | |
mobile Wohncontainer Flüchtlingen ein vorläufiges Zuhause bieten, begrenzt | |
bis 2019. | |
Die Hamburger Linke spricht von einem „begrüßenswerten Urteil“. Während | |
sich Hamburgs Flüchtlingskoordinator Anselm Sprandel darüber freut, dass | |
das OVG „in aller Klarheit entschieden“ habe, dass die neuen | |
Bundes-Regelungen genutzt werden können, um Unterkünfte für geflüchtete | |
Menschen zu errichten, drückt die oppositionelle Hamburger CDU energisch | |
auf die Euphoriebremse: Die Vizechefin der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Karin | |
Prien, betont, die OVG-Entscheidung sei eben „kein Blankoscheck“ für | |
Flüchtlingsunterkünfte, die auf Dauer angelegt seien. Das Gericht habe | |
klargestellt, dass eine „Verlängerung der Ausnahmegenehmigung definitiv | |
nicht in Betracht“ komme. | |
Mehr Klarheit darüber, inwieweit Dauerunterkünfte für Flüchtlinge geltendes | |
Baurecht aushebeln können, verheißt deshalb die für Ende April oder Anfang | |
Mai erwartete Entscheidung des OVG über ein Flüchtlingsheim im Hamburger | |
Stadtteil Klein Borstel. Dessen Weiterbau wurde vom Verwaltungsgericht | |
ebenfalls auf Eis gelegt. Hier sind für rund 700 Flüchtlinge 13 feste | |
Unterkünfte vorgesehen, die nicht nach drei Jahren wieder abgerissen werden | |
sollen. | |
20 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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