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# taz.de -- Hertha vor dem Pokal-Halbfinale: Ein Traum
> Lange leidvolle Jahre mussten die Fans auf den Tag warten, an dem Hertha
> endlich wieder im Pokal-Halbfinale steht. Nun ist es soweit. Was wird
> passieren?
Bild: Der wird am 21. Mai im Olympiastadion vergeben – aber wohl nicht an Her…
Joachim Löw drückte sich gewohnt diplomatisch aus, als man ihn fragte,
welche Chancen er der Hertha im Pokal-Halbfinale gegen Borussia Dortmund
einräume. „Hertha wird alles abrufen“, ließ der Bundestrainer verlauten.
Und, dass die Berliner „absolut fokussiert“ sein würden, um das Pokalfinale
im eigenen Stadion zu erreichen.
Siegchancen? Davon sprach auch Löw lieber nicht vor dem Duell am heutigen
Abend. Trotz einer für Hertha-Verhältnisse überragenden Saison mit derzeit
viertem Tabellenplatz in der Bundesliga will niemand so recht auf die
unsteten Berliner setzen gegen den BVB. Eine ganze Saison lang mauserte
sich die Hertha nach oben, um sich dann irgendwie über den eigenen
Höhenflug zu erschrecken – und fortan lieber zu verlieren.
Die Aufgabe, nun von einem Hertha-Sieg zu reden, bleibt also an der
Hertha-Riege hängen. „Unser Traum ist das Pokalfinale“, so Trainer Pál
Dárdai. „Wir haben keinen Druck, Dortmund ist Favorit.“ „Wir brennen auf
dieses Spiel“, sagte Manager Michael Preetz. Letzteres zumindest nimmt man
ihm ab.
Eine historische Gelegenheit ist es zweifellos für die Hertha, zum ersten
Mal das Pokalfinale im eigenen Stadion zu erreichen – bisher gelang das nur
den Hertha-Amateuren 1993, also nun auch schon eine Weile her. Die
Hertha-Profis dagegen fielen bislang im Pokal vor allem durch Ausscheiden
gegen so illustre Vereine wie Kiel, Wuppertal, Koblenz oder Wormatia Worms
auf. Es passt zur eigenen Folklore des Vereins, dass das dramatische
Scheitern die Überhand gegenüber großen Siegen behielt. Launisch und
unberechenbar, so sehen sie sich selbst bei der alten Dame.
Sollten die Berliner diesmal wieder aus dem Pokal fliegen, wird zumindest,
so viel der Trost, der Gegner nicht Wormatia Worms heißen.
Dass der Verein allerdings gar keinen Druck habe, wie es Dárdai gern
behauptet, stimmt nun nicht gerade, seit Dárdai selbst das Pokalfinale zum
großen Ziel ausrief. Ein Endspiel in Berlin, „davon wird noch in 20 Jahren
gesprochen“, träumte der Trainer laut. „Der Druck von außen beeinflusst u…
überhaupt nicht“, erklärte Kapitän Fabian Lustenberger daraufhin stoisch.
Ob das mehr ist als Phrase, bleibt abzuwarten.
Restlos ausverkauft wird das Olympiastadion sein, was natürlich mindestens
so viel mit dem BVB wie mit den Berlinern zu tun hat. Es ist ein
altbekanntes Phänomen in Berlin: Auch in dieser Höhenflug-Saison verlieren
sich nur 45.000 Seelen im Olympiastadion. Hertha gehört zu den wenigen
Bundesliga-Vereinen, bei denen man noch wie in guten alten Zeiten zehn
Minuten vor Anstoß zur Tageskasse gehen kann. Es sei denn, es geht gegen
Bayern oder den BVB.
## Stolze Schwarzmarktpreise
Bis zu tausend Euro sollen Fans derzeit auf dem Schwarzmarkt für ein Ticket
fürs Halbfinale zahlen, beim Ticket-Verkauf standen die Anhänger
stundenlang Schlange – für Hertha-Verhältnisse geradezu ein Hype. Die BVG
erwartet das übliche Verkehrsaufkommen bei Topspielen. Statt des regulären
Fahrplans kommen U-Bahnen in Reserve zum Zug, die immer einfahren, sobald
eine voll ist.
Und natürlich hofft man bei der alten Dame, dass es sich nicht um einen
BVB-bedingten Höhepunkt, sondern um nachhaltige Hertha-Begeisterung
handelt. „Ich erwarte eine Euphorie, sodass wir nächste Saison 8.000 bis
10.000 Fans mehr im Olympiastadion haben“, so Trainer Dárdai. Die
Voraussetzung dafür wäre allerdings schon ein Sieg.
Selten standen die Chancen dafür zugleich so gut und so schlecht. Gut, weil
auch die Dortmunder aktuell ins Straucheln geraten sind. Das traumatische
3:4-Last-Minute-Ausscheiden in der Europa League gegen Liverpool steckt
noch in den Knochen, der DFB-Pokal ist die letzte Chance auf einen Titel.
Der Druck ist hoch für die Gäste, zumal der flinke Dortmunder Topstar
Pierre-Emerick Aubameyang angeschlagen ist und möglicherweise, so zumindest
die Hoffnung der Herthaner, keine hundert Prozent abrufen kann.
Die schlechte Nachricht allerdings: Die Hertha strauchelt derzeit noch ein
bisschen mehr als Borussia Dortmund. In der Liga wirken die Berliner seit
der 0:5-Klatsche gegen Gladbach wie vor den Kopf gestoßen. Die
Champions-League-Qualifikation, mit der man klammheimlich wohl doch schon
irgendwie kalkuliert hatte, gerät plötzlich ins Wanken, und runter geht es
bekanntlich schneller als rauf. Hertha zeigt Nerven.
Auch deshalb wäre ein Sieg im Pokal-Halbfinale so wichtig: Ein Einzug ins
Finale könnte das internationale Geschäft sichern. Dass die Berliner dazu
nur Außenseiterchancen haben, wissen sie selbst. Aber was wäre der Fußball
ohne Überraschungen? Dass man sogar mit grottigem Fußball den Dortmundern
auf die Mütze geben kann, lehrte doch die Bildungsreise nach Liverpool.
Und wenn es nicht klappt, werden sich die Herthaner zu trösten wissen: Ein
knappes, dramatisches Scheitern im letzten Moment passt ja zur Tradition.
20 Apr 2016
## AUTOREN
Alina Schwermer
## TAGS
Hertha BSC Berlin
DFB-Pokal
Olympiastadion
Borussia Dortmund
Thomas Hitzlsperger
Olympiastadion
Fußball
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