# taz.de -- Angriff in Salzhemmendorf: Acht Jahre für Brandanschlag | |
> Zwei Männer und eine Frau müssen ins Gefängnis, weil sie eine | |
> Asylunterkunft angegriffen haben. Das Gericht spricht im Urteil von einem | |
> rassistischen Motiv. | |
Bild: Die Täter wollten den Medien ihre Gesichter nicht zeigen | |
HANNOVER taz | Kurz nach 14 Uhr mussten sich die drei Angeklagten von der | |
Anklagebank erheben. Im Landgericht Hannover erwarteten sie, die keiner | |
rechtsextremen Gesinnung anhängen und keine rassistische Tat verübt haben | |
wollen, stehend das Urteil. Das Schwurgericht sah den Sachverhalt gänzlich | |
anders: Es verurteilte Dennis L. zu acht Jahren Haft, Sascha D. zu sieben | |
Jahren und Saskia B. zu vier Jahren und sechs Monaten wegen | |
gemeinschaftlich versuchten Mordes und versuchter schwerer Brandstiftung. | |
Sie hätten aus einem nationalsozialistischen Rassismus und Fremdenhass | |
gehandelt, begründete der Vorsitzende Richter Wolfgang Rosenbusch das | |
Urteil: „Nur aus diesem Denken lässt sich die Tat verstehen.“ | |
Schon vor der Urteilsverkündung hatten die 24- bis 31-jährigen Täter | |
betrübt geschaut. Die Plätze im Saal waren alle belegt. Mit Jacken und | |
Mänteln vor den Gesichtern betraten an die 20 Zuschauer den Raum – Anwohner | |
der Ortes, Freunde und Verwandte, die nicht gefilmt werden wollten. | |
In der Urteilsbegründung wurde Richter Rosenbusch äußerst deutlich: L. und | |
D. seien seit 2010 freundschaftlich verbunden, teilten die politische | |
Orientierung, hätten sich dem nationalsozialistischen Gedankengut | |
verschrieben und hörten entsprechende Musik. | |
## Brandanschlag Ende August 2015 | |
In der Nacht zum 28. August 2015 habe das Trio im niedersächsischen | |
Salzhemmendorf den Brandanschlag gegen das überwiegend vom Flüchtlingen | |
bewohnte Haus verübt. Der Molotowcocktail, den L. warf, landete im | |
Kinderzimmer einer Erdgeschosswohnung, die eine Familie aus Simbabwe | |
bewohnte. Nur durch Zufall kam niemand zu Schaden. Das gefährliche Gemisch | |
aus Benzin, Heizöl und Sägespänen landete direkt unter dem Bett eines | |
Elfjährigen, der in dieser Nacht allerdings ausnahmsweise im Zimmer seiner | |
Mutter schlief. | |
Weil Anwohner schnell die Feuerwehr riefen, konnten die 37 Hausbewohner | |
unverletzt aus dem zweistöckigen Gebäude gerettet werden. Niedersachsens | |
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte vor Ort schockiert: „Das war | |
versuchter Mord.“ | |
In Saal 127 des Landgerichts hob Richter Rosenbusch hervor, dass die Frau, | |
deren Mann in Simbabwe ermordet worden war, hier in Deutschland Schutz vor | |
Terror suchte und nun durch neuen Terror wieder traumatisiert wurde. Er | |
betonte ebenso, dass alle drei Täter bewusst in Kauf genommen hätten, dass | |
Menschen im Haus hätten sterben können. | |
## „Richtig feiern“, wenn „ein Neger brennt“ | |
Vor dem Anschlag hatte das Trio zusammen abgehangen. An dem Abend waren sie | |
in der Garage von L. und hörten Musik der Rechtsrockbands Kategorie C, | |
Sturmwehr und Nordfront. Die beiden Männer sollen Bier und fast zwei | |
Flaschen Weinbrand getrunken haben. Im Laufe des Abends bauten sie einen | |
Molotowcocktail, die Anleitung fanden sie im Internet. B. fuhr die beiden | |
dann gegen 2 Uhr im Auto zu der Unterkunft. Auf dem Rückweg soll L. gesagt | |
haben, dass er „richtig feiern“ würde, wenn „ein Neger brennt“. | |
Keine 24 Stunden nach dem Anschlag hatte die Polizei die Täter ermittelt. | |
Dank Anwohnern, die nicht bloß das Feuer bemerkt, sondern auch ein Fahrzeug | |
beobachtet hatten. | |
Mit dem Urteil ging das Gericht über die Forderung der Staatsanwaltschaft | |
hinaus. Bei der Urteilsbegründung starrten L. und D. vor sich hin. B. | |
kämpfe mit den Tränen. Vor dem Gericht weinten Angehörige und Freunde. | |
17 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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