# taz.de -- Bosnischer Menschenrechtler gestorben: Alles, nur nicht nationalist… | |
> Er war Journalist, jugoslawischer Diplomat und zuletzt Ikone der | |
> Zivilgesellschaft in Sarajevo. Nun ist Srdjan Dizdarevic gestorben. | |
Bild: Damals und dort wurde Srdjan Didarevic besonders gebraucht: Sarajevo, 199… | |
SARAJEVO taz | Srdjan Dizdarevic war eine Ikone der Zivilgesellschaft in | |
Sarajevo. Der 1952 geborene ehemalige Vorsitzende des Helsinki-Komitees für | |
Menschenrechte in Bosnien und Herzegowina erlag am Dienstag einer langen | |
Krankheit. | |
Srdjan Dizdarevic stammt aus einer prominenten Partisanenfamilie – sein | |
Onkel Raif Dizdarevic war der vorletzte Präsident Jugoslawiens. 1976 | |
schloss er sein Studium an der Universität von Sarajevo ab, wurde | |
Chefredakteur der damaligen Jugendpresse, dann stellvertrender | |
Chefredakteur der Tageszeitung Oslobodjenje („Befreiung“). | |
Er beeinflusste wesentlich die Diskussion über die Demokratisierung des | |
Systems in den achtziger Jahren, als in Jugoslawien nach dem Tod Titos 1980 | |
um die Zukunft des Landes gerungen wurde. Ende der 80er Jahre wurde er | |
Diplomat an der jugoslawischen Botschaft in Paris. | |
Doch nicht der demokratische Flügel im Bund der Kommunisten und die anderen | |
Reformkräfte sollten das Schicksal des Landes bestimmen, sondern die | |
Nationalisten und Wendehälse in den Republiken Jugoslawiens. | |
Zu Beginn des Krieges in Bosnien 1992 kehrte Dizdaravic aus Paris in das | |
von serbischen Truppen belagerte Sarajevo zurück und erhob seine Stimme | |
gegen Rassismus und Nationalismus. Als Sprecher der Zivilgesellschaft wurde | |
er vor allem nach dem Krieg zum begehrten Gesprächspartner für ausländische | |
Diplomaten und Politiker. | |
Die Nationalisten aller Seiten jedoch versuchten bis zuletzt mit allen | |
Mitteln – auch persönlichen Diffamierungen – gegen den unbequemen | |
Verfechter einer multinationalen, demokratischen Gesellschaft vorzugehen. | |
Angesichts seines Engagements für Menschenrechte wurde er 1995 zum | |
Vorsitzenden des bosnischen Helsinki-Komitees für Menschenrechte gewählt | |
und bald darauf Vizepräsident der weltweiten Organisation. | |
Als führendes Mitglied der nichtnationalistischen Bürgerpartei „Nasa | |
Stranka“ – die bei den letzten Wahlen in Sarajevo über 10 Prozent der | |
Stimmen gewann – trat er für eine Zusammenarbeit der Partei mit den | |
europäischen Grünen ein. Mit Srdjan Dizdarevic hat Sarajevo einen seiner | |
herausragenden Intellektuellen verloren. | |
17 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
## TAGS | |
Sarajevo | |
Menschenrechte | |
Bosnien und Herzegowina | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Demonstration von Islamistinnen: Kampf ums Kopftuch in Bosnien | |
Kopftuchtragen ist ein Menschenrecht, behaupten Muslima in | |
Bosnien-Herzegowina. Dafür gehen sie auch auf die Straße. |