| # taz.de -- Arbeitskampf vor Gericht: „Das impliziert Illegalität“ | |
| > Das Arbeitsgericht verhandelt über wilde Ausstände bei Mercedes – und | |
| > Grundsatzfragen des Streikrechts in Deutschland. | |
| Bild: Vor Gericht: Die Verhandlung über Mercedes-Abmahnungen führt zu Soli-Ku… | |
| taz: Herr Kupfer, wird das Bremer Arbeitsgericht heute den „wilden Streik“ | |
| legitimieren? | |
| Gerhard Kupfer: Ich glaube: eher nicht. Dafür werden wir auf dem Rechtsweg | |
| wohl ein Stück weiter gehen müssen. | |
| Worum genau geht es bei dem heutigen Prozess? | |
| Ob der spontane Streik der Mercedes-Beschäftigten im Dezember 2014 | |
| rechtmäßig war oder nicht. Insgesamt haben 761 Mitarbeiter eine Abmahnung | |
| bekommen, weil sie damals an diesem Protest gegen die Fremdvergabe von 143 | |
| Logistik-Arbeitsplätzen teilgenommen haben. Rund 30 klagen nun dagegen. | |
| Weil so ein spontaner Streik mit der deutschen Rechtsprechung nicht ganz im | |
| Einklang steht, geht es hier aber auch um prinzipielle Fragen des | |
| Streikrechts in ganz Deutschland. Und die sind neu für unsere Gerichte. | |
| Wilde Streiks sind hierzulande nach herrschender Meinung verboten. | |
| So ist die deutsche Rechtsprechung, an der sich seit 1963 wenig geändert | |
| hat. Das Bundesarbeitsgericht hat aber schon ein paar Andeutungen dahin | |
| gehend gemacht, dass es das Streikrecht für überholungsbedürftig hält. Wir | |
| sprechen aber nicht von „wilden Streiks“, weil das die Illegalität schon | |
| impliziert. Und mit dem europäischen und dem internationalen Recht ist der | |
| spontane Ausstand bei Mercedes absolut vereinbar. Denn es knüpft einen | |
| Streik nicht die beiden Bedingungen, die hierzulande von der Rechtsprechung | |
| gesetzt werden: Dass es dazu einerseits immer eines Aufrufes einer | |
| Gewerkschaft bedarf und dass er andererseits nur möglich ist, wenn die | |
| Friedenspflicht abgelaufen ist. Die Frage, um die es hier geht, hat also | |
| große Bedeutung für das ganze Land. | |
| Also erwarten Sie vom Bremer Amtsgericht eine kleine Revolution? | |
| Nein, hier geht es um ganz normales bürgerliches Recht. | |
| Warum werden Sie nicht von den Gewerkschaften unterstützt? | |
| Die IG Metall ist dagegen, das Streiks stattfinden, ohne dass eine | |
| Gewerkschaft dazu aufgerufen hat. Bei denen sind solche spontanen Streiks | |
| politisch nicht gewollt. | |
| Die IG Metall fürchtet um ihre Pfründe? | |
| Meines Erachtens: ja. | |
| Wie geht es weiter, wenn dieses Verfahren nicht so ausgeht, wie von Ihnen | |
| erhofft? | |
| Ich bin mit sicher, dass wir spätestens vor dem Europäischen Gerichtshof | |
| gewinnen werden. Wir haben uns auf eine lange Auseinandersetzung | |
| eingerichtet. | |
| 16 Feb 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Jan Zier | |
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