# taz.de -- TV-Rechte in Griechenland und der Türkei: Das Fernsehmonopoly hat … | |
> Ein türkischer Medienmogul möchte griechische TV-Lizenzen erwerben. Im | |
> Gegenzug drängt ein Grieche auf den türkischen Markt. | |
Bild: Beliebt: TV-Lizenzen in der Türkei und Griechenland | |
ATHEN taz | Ali Acun Ilicali, 46, Bubi-Gesicht, sportlich schlank, ist in | |
der Türkei landesweit bekannt. Im benachbarten Griechenland war er hingegen | |
bis zuletzt kaum jemandem ein Begriff. Das hat sich inzwischen schlagartig | |
geändert. Der Grund: Der türkische Medienmogul offenbarte kürzlich, er | |
wolle in Hellas alsbald eine landesweite TV-Lizenz erwerben. Der Aufschrei | |
in Griechenland ist seither groß. | |
Für die Irritationen zu Füßen der Akropolis sorgte auch Athens linker | |
Premierminister Alexis Tsipras. Er habe „prinzipiell nichts dagegen“, heißt | |
es aus seinem Amtssitz „Villa Maximos“. Ilicali könne sich wie jeder an der | |
bevorstehenden internationalen Ausschreibung um die Vergabe einer | |
begrenzten Zahl von landesweiten Fernsehlizenzen in Griechenland | |
beteiligen. Die Nationalität spiele dabei „keine Rolle“. | |
Mit Argwohn publizieren Athener Gazetten in diesen Tagen Fotos von Tsipras | |
mit Ilicali. Sie hatten sich im November in den Katakomben eines Istanbuler | |
Fußballstadions am Rande des Freundschaftsspiels zwischen Gastgeber Türkei | |
und Griechenland getroffen. Medien mutmaßten daraufhin, der Deal zum | |
Einstieg Ilicalis in den griechischen Fernsehmarkt sei bereits beschlossene | |
Sache. | |
Der darbende hellenische Fernsehmarkt steht in der Ära Tsipras vor einem | |
radikalen Umbruch. Seit 1989 ist er liberalisiert. Gegenwärtig existieren | |
neben dem Staatssender ERT sechs landesweit ausstrahlende private | |
Fernsehsender. Sie sind chronisch defizitär und zugleich hochverschuldet, | |
dafür aber ausschließlich in griechischer Hand. Bisher. | |
## Erdogan weist Ilicali zurück | |
Tsipras und Co. wollen den Fernsehmarkt neu ordnen. Athens Regierung peilt | |
Informationen zufolge an, fortan nur vier landesweite TV-Lizenzen zu | |
vergeben. Damit wäre sicher, dass mindestens zwei der bestehenden Akteure | |
aus dem griechischen TV-Markt verschwinden müssen, neue Fernsehbetreiber | |
noch gar nicht berücksichtigt. | |
Wettbewerber Ilicali, ein smarter Selfmademan, höchst populärer | |
Sportreporter und Moderator einer Reisesendung, kennt sich im TV-Geschäft | |
gut aus. Seine 2004 gegründete Produktionsfirma Acun Medya hat in der | |
Türkei die Exklusivrechte erfolgreiche Reality- und Talentshows wie | |
„Survivor“ oder „The Voice“. | |
2014 erwarb Acun Medya 70 Prozent der Anteile an dem Istanbuler | |
Fernsehsender TV 8, für kolpotierte 70 Millionen US-Dollar. Böse Zungen | |
behaupten, Ilicali habe die Kaufsumme mit der Hilfe des türkischen | |
Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan aufbringen können. Eine direkte | |
Finanzierung seiner Fernsehaktivitäten durch das Umfeld von Erdogan weist | |
Ilicali kategorisch zurück. | |
Der Umstand, dass der Medienmogul seine Fühler nun nach Griechenland | |
ausstreckt, hat auch eine griechische Mediengruppe auf den Plan gerufen. | |
Die Real-Media-Gruppe habe beschlossen, in den nächsten Tagen „entweder den | |
Erwerb einer TV-Lizenz oder die Übernahme eines bestehenden TV-Senders in | |
der Türkei zu prüfen“. Ihr Gründer, Nikos Chatzinikolaou, gab bekannt, er | |
habe bereits Kontakte ins Nachbarland geknüpft. Der Konter der Griechen | |
trägt den Namen „Real TV in der Türkei“. | |
## Finanzierung unklar | |
„Wenn ein türkischer TV-Eigner das Recht hat, in Griechenland einen | |
Fernsehsender zu erwerben, können wir das genauso in der Türkei tun“, sagt | |
der griechische Gegenspieler Ilicalis. Wie Real Media den anvisierten | |
Einstieg auf dem heftig umkämpften türkischen TV-Markt finanzieren will, | |
ist indessen unklar. | |
Fest steht: Die verkaufte Auflage von Real News, Sonntagszeitung und | |
Flaggschiff der Mediengruppe, brach 2015 massiv ein. Der Jahresumsatz der | |
Real Media betrug im Jahr 2013 laut letzten verfügbaren Daten 24,11 | |
Millionen Euro. Zugleich drücken das Medienhaus 25,61 Millionen Euro | |
Verbindlichkeiten. | |
Dennoch: Die vollmundige Ankündigung ist im Raum und könnte auch der | |
Regierung Tsipras gelten. Dem Vernehmen nach wollen Chatzinikolaou und Co. | |
bei dem bevorstehenden Wettbewerb eine TV-Lizenz in ihrer Heimat | |
Griechenland erwerben. Das griechisch-osmanische Fernsehmonopoly hat gerade | |
erst begonnen. | |
9 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Ferry Batzoglou | |
## TAGS | |
Griechenland | |
Schwerpunkt Türkei | |
Recep Tayyip Erdoğan | |
Griechenland | |
Schwerpunkt Türkei | |
Schwerpunkt Krise in Griechenland | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Regierungsfernsehen in Griechenland: Der rosarote Sender | |
Die Quoten des wiedereröffneten griechischen Senders ERT sind im Keller. | |
Viele sehen in dem Staatsfernsehen zuviel Syriza-Propaganda. | |
Wegen „Beleidigung“ Erdogans: Chefredakteur droht Prozess | |
Er soll sich in einem Artikel spöttisch über eine Rede des türkischen | |
Präsidenten geäußert haben. Nun erwartet den „Hürriyet“-Chef womöglich… | |
Verfahren. | |
Pressefreiheit in Griechenland: Meinung nicht erwünscht | |
In der Opposition kritisierte Syriza Angriffe auf Journalisten heftig. Nun | |
regiert sie und geht gegen konservative Medien vor. |