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# taz.de -- Französische Krimi-Reihe auf ZDFneo: Ungeliebt, bespöttelt und of…
> Weiblicher Roland Barthes der Kriminalermittlung: Die französische
> Serienheldin „Candice Renoir“ versteht sich auf die Mythen des Alltags.
Bild: Von den Kolleg_innen argwöhnisch betrachtet: Candice Renoir an ihrem Arb…
Natürlich ist es eine Unart. Aber auch anderswo wird in der
Serienproduktion gespickt. Eine frisch geschiedene Kriminalbeamtin,
alleinerziehende Mutter unter anderem von schwererziehbaren
Zwillingssöhnen, hin- und her- und beinahe zerrissen zwischen Beruf und
familiären Verpflichtungen – das war die Idee der Spanier Javier Holgado
und Carlos Vila, die sie 2009 mit „Los misterios de Laura“ realisiert haben
und erfolgreich auch in die USA verkaufen konnten, wo die Serie „The
Mysteries of Laura“ heißt.
In Deutschland lief die US-Version bei Sat.1 unter dem Titel „Detective
Laura Diamond“. ZDFneo zeigt mit „Candice Renoir“ nun die französische
Variante aus dem Jahr 2013, die allerdings anders als die US-Adaption
keinen Hinweis auf die spanischen Urheber enthält. Die Übereinstimmungen
werden sich also so zufällig ergeben haben wie die zwischen „The Office“
und „Stromberg“ oder zwischen „Without a Trace“ und „Letzte Spur Berl…
Ein bisschen chaotisch sind sie alle, die beiden Lauras wie auch die
Französin Candice (Cécile Bois). Sie hat mit ihren vier Kindern eine neue
Wohnung bezogen. Die Familie lebt noch zwischen Umzugskartons und schläft
auf Matratzen ohne Bettgestell. Diese Lebensumstände halten an, verbessern
sich nicht wie durch Zauberhand von selbst. Immer nämlich fehlt Candice die
nötige Zeit. Sie kommt gleich am ersten Tag zu spät zum Dienst, prompt geht
es weiter zu einem möglichen Tatort. Falsch gekleidet ist sie auch mit
ihrer irrtümlich angelegten Gala-Uniform.
Candice ist die neue Leiterin der Ermittlungsgruppe im nahe Montpellier
malerisch an einer Lagune gelegenen Sète. Die frohgemute blonde
„Polizei-Barbie“ indes hat Mühe, ihre Autorität durchzusetzen. Auch kennt
sie die neuesten Computerprogramme und Datenbanken nicht. Und dann muss sie
bisweilen eilig von dannen, weil sich die Problemzwillinge in der Schule
wieder schlecht benommen haben. Alles wenig geeignet, den Respekt der
Kollegen zu erringen. Und so „vergisst“ man schon mal, sie über einen neuen
Fall zu unterrichten, in Folge 2 stellen gar alle Mitglieder des Teams
Versetzungsanträge, um ihre Demission zu erpressen.
## Mit Semiotik zum Ermittlungserfolg
Eine Gabe aber hat Candice: Sie ist sozusagen ein weiblicher Roland Barthes
der Kriminalermittlung, entziffert Kleidung, Nahrung, Möbel, Habitus – die
Mythen des Alltags. Anders als Sherlock Holmes, der je nach den
Notwendigkeiten der Geschichte aus einem sagenhaften Universalwissen
schöpft, folgt Candice methodisch der Semiotik. Angesichts eines Toten, der
durch mehrere Messerstiche ums Leben kam, fragt Candice als Erstes, was es
zu essen gab. Und ein Blick in einen Modekatalog liefert ihr ausreichend
Informationen, um eine Verdächtige arg in Verlegenheit zu bringen.
In „Candice Renoir“ ist der Humor leiser als in „Detective Laura Diamond�…
eher tragikomisch gefärbt. Gemeinsam haben die Serien ihren locker
eingebauten Realitätsbezug. Die Probleme beim Wiedereinstieg in den Beruf
dürften vielen Frauen bekannt vorkommen, desgleichen die oft bissige
Beurteilung des Äußeren – bei Candice Renoir sogar seitens der eigenen
Tochter, die über das angebliche Übergewicht der Mutter lästert.
4 Feb 2016
## AUTOREN
Harald Keller
## TAGS
Krimiserie
ZDFneo
Schwerpunkt Frankreich
Tatort
Belfast
Serie
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