# taz.de -- Massenstranden an der Nordsee: Mein Freund, der Wal, ist tot | |
> Massenhaft sind im Januar Wale in Deutschland, den Niederlanden und in | |
> Großbritannien gestrandet. War es kollektiver Suizid? | |
Bild: Ein klägliches Ende für einen majestätischen Säuger. | |
Berlin taz | Wieder sind in Deutschland mehrere Pottwale gestrandet: In der | |
Elbmündung vor dem Kaiser-Wilhelm-Koog seien acht der riesigen Meeressäuger | |
aufgelaufen, teilte der Landesbetrieb für Küstenschutz am Montag in Husum | |
mit. Einer der acht Walbullen lag bei Eintreffen der Helfer im Sterben, die | |
anderen waren bereits tot. | |
Damit gehen die rätselhaften Strandungen weiter: Zwölf Pottwalbullen einer | |
Größe von 10 bis 12,80 Metern waren zuvor innerhalb von nur einer Woche | |
Mitte Januar an den Küsten Niedersachsens, Schleswig-Holsteins und den | |
Niederlanden gefunden worden. Fünf weitere liefen kürzlich in | |
Großbritannien auf. Ihr Tod gibt der Wissenschaft Rätsel auf – derzeit | |
suchen Forscher nach der Ursache. | |
In Deutschland ist unter anderem das Institut für Terrestrische und | |
Aquatische Wildtierforschung in Büsum damit beschäftigt, die Todesursache | |
der Strandungen im Januar festzustellen. Bisher sei nur bekannt, dass es | |
sich um gesunde Tiere handele, die weder verletzt noch von einer | |
Infektionskrankheit befallen waren, sagt die Institutsleiterin Ursula | |
Siebert. Vermutet wird, dass die gesunden Tiere beim Auflaufen auf den | |
Strand starben. | |
Spekuliert wird derweil allerhand. Eine der wohl spektakulärsten und vor | |
allem im Internet kursierenden Thesen: Die Tiere hätten kollektiv Suizid | |
begangen. „Bei Kleinwalen in Gefangenschaft jedenfalls hat man das schon | |
beobachtet“, sagt der Meeresschutzexperte Thilo Maack von Greenpeace | |
Deutschland. Aber ob das auch in diesem Fall zutreffen könnte, wisse er | |
nicht. | |
Ein Grund für derartige Spekulationen ist wohl, dass man so wenig über | |
Großwale weiß. Denn Wale verbrächten nur einen Bruchteil ihres Lebens an | |
der Wasseroberfläche, erklärte der Biologe Rob Deaville vom Zoological | |
Society of London (ZSL) im Guardian. | |
## Haben sie sich schlicht verschwommen? | |
Der Greenpeace-Experte Maack hält nicht für ausgeschlossen, dass die | |
unerfahrenen Jungbullen der Tiefen Rinne vor Norwegen gefolgt sind, einem | |
Tiefseegraben, der vom Atlantik in die Nordsee hineinführt. Anders als | |
Weibchen zieht es die Jungbullen bis in die Antarktis, wo sie sich | |
vollfressen, bevor sie in wärmere Gewässer zurückkehren. | |
„Wahrscheinlich haben sich die Wale schlicht verschwommen“, mutmaßt er. | |
Hätten sich Wale dieser Größe erst einmal in der flachen und trüben Nordsee | |
verirrt, ist ihr Orientierungssinn auch durch den Lärm in dem viel | |
befahrenen Gebiet „verzerrt“. Das sei ein Problem: „Die Welt der Tiere | |
besteht aus Tönen, und die Nordsee ist in der Hinsicht ein | |
Industriegebiet.“ | |
Denkbar ist aber auch, dass den Walen ihr ausgeprägter Sozialsinn zum | |
Verhängnis wurde: Sende ein auf einer Sandbank aufgelaufener Pottwal einen | |
Hilferuf aus, könne es sein, dass „die Tiere nicht auf Abstand gehen, weil | |
sie den Kontakt nicht verlieren wollen“, sagt Hans-Ullrich Rösner, Leiter | |
des WWF-Infozentrums Wattenmeer. | |
Massenstrandungen im Nordseeraum sind keine Seltenheit. Anfang Dezember | |
1997 strandeten 13 Pottwale vor der dänischen Insel Röm. Einen Monat | |
später, Anfang Januar 1998, liefen drei Pottwale an der | |
schleswig-holsteinischen Küste auf und verendeten. WWF-Experte Hans-Ullrich | |
Rösner war damals dabei. „Das sind natürlich Extremereignisse, die einen | |
ziemlich deprimiert zurücklassen.“ | |
1 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Daniel Albrecht | |
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