| # taz.de -- Berliner Szenen: Zeitmaschine | |
| > Mail an Cocktail in der Kastanienallee. | |
| Bild: „Whatsappen“, wie schreibt man das eigentlich? | |
| In einer Ecke, staubig wie eine Reliquie, steht im Café Morgenrot noch ein | |
| Computer für die Gäste. Große Monitore, Tastaturschubladen und selbst Mäuse | |
| sieht man immer seltener. Ich fand die Idee dort im Café in der | |
| Kastanienallee E-Mails zu checken – mit Bier und selbstgemachten Nachos – | |
| reizvoll. Wenn ich in der U-Bahn auf mein Telefon starre, habe ich das | |
| Gefühl, viel um mich herum zu verpassen. | |
| Ich frage den Barmann, ob der Rechner noch funktioniert. Er zuckt mit den | |
| Achsel. Ich müsse selber anmachen und schauen. Die Motoren gehen langsam | |
| (aber nicht leise) los, nach ungeduldigen Clicken, Warten und wieder | |
| Clicken ist das Internet da. Als hätte ich eine Zeitmaschine gestartet, | |
| fühle ich mich in eine Epoche zurückversetzt, in der per E-Mail zu | |
| kommunizieren ein Wunder war und Facebook nur in den Träumen Mark | |
| Zuckerbergs eine Rolle spielte. | |
| Nebenbei kann ich nicht aufhören, ein junges Paar am Nachbartisch zu | |
| beobachten: Sie kichern und versuchen die Annäherung, ohne ihre Smartphones | |
| aus dem Blick zu verlieren. Mit einem Auge sich ineinander verlieben, mit | |
| dem anderen neue Likes zählen. Ich verstehe nicht, wie das gleichzeitig | |
| gehen kann. Ob sie sich gerade gegenseitig „whatsappen“? Das Wort habe ich | |
| gelernt, trotzdem bin ich eine andere Generation. Ich schaudere bei solchen | |
| Gedanken. | |
| Ich trinke mein Bier aus. Die Stimmung im Raum wird euphorisch. Es ist | |
| spät, das Wochenende fängt in Berlin an. Gelächter, Techno und | |
| Cocktailmixer höre ich im Hintergrund, davor traktiere ich die Tastatur. | |
| „Ich bin gerade alt geworden“, schreibe ich einer Freundin. In dem Moment | |
| klopft jemand auf meine Schulter. „Sorry, brauchst du noch lange?“ Also, | |
| der möchte auch den Computer nutzen! Die Nachbarn küssen sich endlich. Die | |
| Welt ist in Ordnung. | |
| 31 Jan 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Luciana Ferrando | |
| ## TAGS | |
| Computer | |
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