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# taz.de -- Bürgerwehren in Finnland: Soldiers of Odin auf Patrouille
> Durch Finnlands Städte ziehen „Bürgerwehren“. Ihre politische
> Orientierung ist bekannt. Jüngst bekamen sie Besuch: von den Soldiers of
> Odin.
Bild: Unterwegs: Mitglieder der Soldiers of Odin in Joensuu.
Stockholm taz | Die „Bürgerwehr“ ist selbsternannt und hat sich einen
martialischen Namen gegeben. „Soldiers of Odin“ steht auf ihren schwarzen
Bomberjacken. In denen stecken laut Polizei vorwiegend Männer mit
Verbindungen zu militanten neonazistischen und rassistischen Gruppen, die
ihr „weißes Finnland“ durch Flüchtlinge gefährdet sehen.
Seit einigen Wochen tauchen die Jacken in immer mehr finnischen Städten
auf. Eine erste „Odin“-Gruppe hatte sich schon im Herbst des vergangenen
Jahres in Kemi gebildet, einer Stadt nahe der Grenze zu Schweden, durch die
das Gros der Asylsuchenden nach Finnland kam.
Am Wochenende bekamen die dubiosen „Soldiers“ bei ihrem „Patrouillengang�…
im südfinnischen Tampere Konkurrenz von richtigen Clowns. Rund ein Dutzend
Frauen und Männer in bunten Clownskostümen mischten sich unter die
verblüfften Schwarzjacken und wichen den Flüchtlingsfeinden nicht mehr von
der Seite.
Vorab eine Rotnase mit einer Fahne, auf deren einer Seite ein zerbrochenes
Hakenkreuz, auf der anderen „Sieg Fail!“ stand. Die Absicht der „Loldiers
of Odin“: Weil es derzeit offenbar im Trend liege, auf Finnlands Straßen zu
patrouillieren, wollten sie sich auch daran beteiligen und diese nicht nur
sicherer, sondern auch lustiger machen.
## Nicht so schlimm
Das Phänomen der „Straßenpatrouillen“ wird jetzt heftig diskutiert. Lange
wurden diese von Polizei und Regierungspolitikern verharmlost. So meinte
ein Polizeichef, er begrüße das Interesse an Fragen von Sicherheit und
Ordnung und es gebe im Grunde nichts gegen diese – teilweise wegen
Gewalttaten vorbestraften – „Odin-Soldaten“ einzuwenden. Und Justizminist…
Jari Lindström nahm eine Interviewfrage zum Bürgerwehr-Thema zum Anlass,
sich lobend über jedes gesamtgesellschaftliche Engagement zu äußern.
Ministerpräsident Juha Sipilä schließlich sprach von „übertriebenen
Proportionen“, die die Bürgerwehr-Debatte angenommen habe, und verstieg
sich zu einem merkwürdigen Vergleich: „Es versteht doch auch jeder, wenn
Eltern ihre Kinder zur Schule oder zum Sport oder dergleichen begleiten.“
Worauf sich nicht nur die oppositionellen Grünen empörten: So eine Reaktion
sei inakzeptabel, denn es gehe um einen Konflikt mit rechtsstaatlichen und
demokratischen Grundprinzipien.
## Doch unnötig
In den letzten Tagen haben Regierung und Sicherheitsbehörden endlich zu
deutlicheren Worten gefunden: Solche Patrouillen seien völlig unnötig,
betont nun Sipilä, und sein Koalitionspartner und Finanzminister Alexander
Stubb meint, Gesetze zu einem Verbot solcher womöglich
demokratiefeindlicher Aktivitäten müssten geprüft werden.
Generalstaatsanwalt Matti Nissinen verurteilte jede Art von „Bürgerwehren“
scharf: In Finnland hätten die nichts verloren. Nicht nur die eigene
Geschichte zeige zur Genüge, dass solch uniformierte Gruppen zu nichts
Gutem führten. Und die Polizei versprach, die Schwarzjacken in Zukunft
genauer zu beobachten.
Laut Umfragen begrüßen immerhin 28 Prozent der FinnInnen Bürgerwehren wie
die „Odin-Soldaten“. 36 Prozent haben das Gefühl, das Land sei durch die
30.000 Asylsuchenden im Jahr 2015 unsicherer geworden. Die gegenüber dem
verbreiteten Rassismus in Finnland rückgratlose Regierung habe ein
„moralisches Vakuum entstehen lassen“, das nun mit Brandstiftung von
Asylheimen, Gewalt gegen Flüchtlinge und von neofaschistischen
Straßenpatrouillen gefüllt werde, meinte dazu der Chefredakteur der
Zeitschrift Ny Tid, Janne Wass.
18 Jan 2016
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Soldiers of Odin
Finnland
Bürgerwehr
Rechtsextremismus
Schweden
Finnland
Schwerpunkt Rassismus
Finnland
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