# taz.de -- Experte über Manipulation im Tennis: „Warum im Drogenhandel blei… | |
> Sportradar-Geschäftsführer Andreas Krannich überraschen die vielen | |
> verschobenen Tennisspiele nicht. Er erklärt, was den Sportbetrug so | |
> attraktiv macht. | |
Bild: „Wir haben jedes Jahr hunderte von manipulierten Veranstaltungen“, sa… | |
taz: Hallo, Herr Krannich ... | |
Andreas Krannich: Hallo. Eines nur vorab: Ich kann Ihnen nicht viel sagen. | |
Aber ich habe Ihnen ja noch nicht einmal eine Frage gestellt. | |
Ich sage das nur, um vielleicht zu hohe Erwartungen zu dämpfen. Wir haben | |
in unseren Verträgen zur Überwachung von Sportmanipulation immer | |
Vertraulichkeit vereinbart, um laufende Verfahren nicht zu gefährden. | |
Ein Manipulationsskandal, den die BBC enthüllt hat, sorgt ja heute für | |
große Aufregung. Sind Sie überrascht? | |
Wir von Sportradar haben mit Tennis nicht soviel zu tun. Wir überwachen nur | |
Spiele, die vom französischen Verband organisiert werden. Und da bin ich | |
zur Verschwiegenheit verpflichtet. Aber grundsätzlich: Uns überrascht | |
leider gar nichts mehr. | |
Mehr können Sie nicht sagen. | |
Das ist ja das Frustrierende, wenn wir mit Medien sprechen. Ich könnte | |
Ihnen so viel sagen. Wir haben jedes Jahr hunderte von manipulierten | |
Veranstaltungen, die wir in elf verschiedenen Sportarten entdecken. | |
Dann erzählen Sie uns doch etwas zur allgemeinen Entwicklung – etwa auf dem | |
Wettmanipulationsmarkt im Fußball. | |
Wir beobachten in den letzten Jahren einen Trend, verstärkt in der Winter- | |
und Sommerpause, Freundschaftsspiele zu manipulieren. | |
Von welcher Größenordnung sprechen Sie? | |
In den letzten vier, fünf Jahren hat sich die Anzahl der verschobenen | |
Partien verdoppelt bis verdreifacht. Das umfasst Spiele von Mannschaften | |
unterschiedlichster Nationalitäten und Ligen. | |
Ist es nicht abstrus, dass dann ein einzelnes wahrscheinlich verschobenes | |
Spiel – wie das zwischen Wehen und Gladbach II vergangene Woche – soviel | |
Aufregung verursacht? | |
Diese Frage müssen sich die Journalisten stellen. Es wird viel zu sehr | |
vereinfacht. Das Thema Manipulation im Sport nimmt in jedem Fall stark zu. | |
Aber das ist ja keine neue Erkenntnis. | |
Sprich: Die Problematik wurde zu passiv angegangen? | |
Zehn Jahre nach der Schiedsrichterbestechungsaffäre Robert Hoyzer wird | |
jetzt an einem Gesetzentwurf gearbeitet, der Sportmanipulation als | |
Straftatbestand einführen will. Es ist schon erschreckend, dass das so | |
lange gedauert hat. | |
Inwiefern würde das Ihre Arbeit erleichtern? | |
Es würde die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden erleichtern. Bislang haben | |
sie Hilfstatbestände finden müssen, um agieren zu können. | |
Was muss noch getan werden? | |
Das große Problem ist doch: Es gibt bei Manipulationen oft eine Mannschaft, | |
die kommt aus Land A, die spielt gegen ein Team aus Land B in einem Land C. | |
Und die Schiedsrichter kommen aus einem Land D. Die Jungs, die hinter der | |
Manipulation stecken, kommen aus Land E und die haben in Land F ihr Geld | |
gesetzt. Wer hat die juristische Zuständigkeit für den Fall? | |
Schwierig. | |
Die internationale Koordination muss nach vorne gebracht werden. Der | |
Europarat hat 2014 eine Konvention verabschiedet. Sportverbände und | |
Strafverfolgungsbehörden sollen demnach über die Grenzen hinweg | |
international miteinander zusammenarbeiten, um gegen Sportmanipulation | |
besser vorgehen zu können. Das ist ein erster Schritt. | |
Die Rechtslage müsste auch angeglichen werden. | |
Geldwäsche, Drogen- und Waffenhandel sind im Unterschied zum Sportbetrug | |
Straftatbestände. Warum also im Drogenhandel bleiben, wenn sich mit | |
Sportbetrug so schnell und gefahrlos höhere Gewinne erzielen lassen? | |
Warum treten Sie für Ihr Anliegen nicht mehr öffentlich auf? | |
Wir exponieren uns nicht. Was qualifiziert uns, in der Angelegenheit den | |
moralischen Zeigefinger zu heben? Wir sind Dienstleister, die über ihre | |
Arbeit versuchen, dem „Krebsgeschwür“ der sportwettbezogenen Manipulation | |
Paroli zu bieten. | |
19 Jan 2016 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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