# taz.de -- Bandenkrieg: Rocker kämpfen um den Kiez | |
> Am Nobistor haben Hells Angels am Montagabend auf offener Straße auf ein | |
> Taxi mit Mongols geschossen. Zwei der Insassen wurden verletzt. | |
Bild: Nach der Schießerei: Polizisten am Tatort Nobistor | |
HAMBURG taz | Der Konflikt zwischen den Rockerbanden Hells Angels und | |
Mongols ist in Hamburg eskaliert: Auf offener Straße haben Mitglieder der | |
Hells Angels am Montagabend in der Holstenstraße in der Nähe der Reeperbahn | |
auf ein Taxi geschossen, in dem drei Mongols saßen. | |
Mindestens sieben Kugeln trafen das Fahrzeug. Ein Mann aus dem Umfeld der | |
Mongols wurde in den Rücken getroffen, der 28-Jährige kam unter | |
Polizeischutz ins Krankenhaus, er ist nicht in Lebensgefahr. Ein | |
26-Jähriger erlitt durch eine Kugel eine Prellung. Ein 27-Jähriger, der | |
ebenfalls dem Mongols-Umfeld zugerechnet wird, sowie der Taxifahrer blieben | |
unverletzt. Zwölf Männer aus dem Umfeld der Hells Angels wurden noch in der | |
Nacht festgenommen, am Dienstag aber wieder freigelassen, weil der | |
dringende Tatverdacht nicht erhärtet werden konnte. | |
„Es war der erste direkte Konflikt zwischen Mongols und Hells Angels in | |
Hamburg“, sagte Polizeisprecher Jörg Schröder der taz. Aufgrund der | |
Spurensicherung wurde die Holstenstraße in der Nacht zu Dienstag zeitweise | |
vollständig gesperrt. PolizistInnen mit Maschinenpistolen sicherten das | |
Gebiet. Die Schießerei folgt auf eine Häufung von Vorfällen im Rockermilieu | |
in den vergangenen Monaten. | |
Im Juli 2014 gründeten die Mongols einen Ableger ihres Clubs in Hamburg. | |
Deren Anführer Erkan U. soll vorhaben, die Macht auf dem Kiez zu | |
übernehmen. Bis heute sind dort allerdings die Hells Angels präsent. Ende | |
Oktober 2015 detonierte dann eine Handgranate unter dem Lamborghini des | |
Mongols-Chefs – er blieb unverletzt. Die Ermittlungen dauern noch an. | |
Erkan U. soll auch innerhalb der Mongols umstritten sein. Ende November | |
wurde er in seiner Wohnung überfallen und man klaute ihm die Kutte, jene | |
rockerübliche Weste mit den Vereinssymbolen – ein Angriff, hinter dem man | |
die Hells Angels vermutete. Im Dezember kam es auf Grund des Überfalls zu | |
Polizeirazzien in Hamburg und Schleswig-Holstein, bei denen drei Männer | |
festgenommen wurden, die allerdings aus dem Mongols-Umfeld stammen sollen. | |
Erkan U. ist seit Anfang Dezember in Haft, weil er gegen Bewährungsauflagen | |
verstoßen hatte. | |
Die Schießerei vom Montag interpretiert ein Kenner des Milieus gegenüber | |
der taz eindeutig als Machtkampf zwischen den Rockergruppen um die | |
Vorherrschaft auf dem Kiez und um Geschäfte mit Drogen und Zuhälterei. Erst | |
Anfang November hatten Mitglieder der Mongols sich mit Angehörigen der | |
Banditos verbrüdert, die ebenfalls eine Feindschaft zu den Hells Angels | |
pflegen. In ihren Kutten waren sie die Reeperbahn auf und ab gefahren – | |
eine Kampfansage: Jahrelang sollen auch Rivalen der Hells Angels davon | |
Abstand genommen haben, in Hamburg offen mit ihren Kutten aufzutreten, seit | |
dies 1983 den Hells Angels in Hamburg verboten wurde. Auch verfeindete | |
Rocker wollten wohl nicht in den Ruf geraten, diesen Erfolg der Staatsmacht | |
auszunutzen. | |
Bei der Schießerei am Montagabend holten die Hells Angels nun wohl zum | |
Gegenschlag aus. Etwa neun Personen aus dem Umfeld der Mongols hatten im | |
Restaurant Schweinske am Nobistor gegessen. Als einige das Lokal verließen, | |
seien die ersten Schüsse gefallen. Laut Polizei sollen die anderen | |
daraufhin aus dem Lokal geflohen sein, ein Mann habe sich bei einem Sturz | |
ein Bein verletzt. Als drei der Mongols sich in ein Taxi flüchteten, | |
eröffneten die Angreifer das Feuer. | |
46 Streifenwagen nahmen laut Polizei „die Sofortfahndung“ auf. Drei | |
Fahrzeuge seien angehalten, drei weitere Autos in Tatortnähe sichergestellt | |
worden. Ein Messer sowie eine scharfe Schusswaffe wurden gefunden. Bislang | |
ist unklar, ob es sich um die Tatwaffe handelt. | |
Von einem Rockerkrieg will die Polizei nicht sprechen. „So etwas werden wir | |
nicht dulden“, so Polizeisprecher Schröder. „Wir werden präventiv tätig | |
werden.“ Es bestehe ein großes Gefährdungspotenzial auch für Unbeteiligte. | |
Man werde unter anderem die Möglichkeiten von Vereinsverboten ausloten. | |
Anders als die Hells Angels sind die Mongols in Hamburg bislang nicht | |
verboten. | |
30 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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