# taz.de -- Ticketing bei der Männerfußball-EM: Schwarz-Rot-Vergoldet | |
> Karten für EM-Spiele der Deutschen gehen nur noch an Mitglieder des | |
> offiziellen „Fanclub Nationalmannschaft“. Für die Zuschauer wird das | |
> teuer. | |
Bild: Rein kommt nur, wer drin ist: deutsche Fans bei einem Nationalelf-Auftritt | |
Der schwarz-rot-goldene Flyer gehört bei Länderspielen der deutschen | |
Nationalmannschaft zum Standardprogramm. „Sei näher dran am Team“, lautet | |
die Aufschrift auf dem farbigen Faltblatt, das nicht nur dem Stadionmagazin | |
beiliegt, sondern auch von jungen Damen im Stadionbereich verteilt wird, um | |
für eine Mitgliedschaft im Fanclub Nationalmannschaft zu werben. Rückseitig | |
sind die Leistungen gelistet, und gleich nach Punkt eins, dem | |
Welcome-Package mit Fan-Cap, Fan-Schal und Schlüsselanhänger, werden die | |
Vorteile beim Ticketverkauf aufgeführt. „Vorkaufsrecht für alle Spiele der | |
deutschen Mannschaft – außer WM und EM“ – so ging die Botschaft noch im | |
Oktober vergangenen Jahres vor dem letzten EM-Qualifikationsspiel gegen | |
Georgien. | |
Doch vor der Auslosung der EM-Endrunde am Samstag (18 Uhr) hat beim DFB ein | |
Umdenken eingesetzt, der den Mitgliederbestand von aktuell rund 55.000 noch | |
einmal sprunghaft in die Höhe treiben dürfte. „Um Tickets aus dem | |
Kontingent des DFB können sich ausschließlich Mitglieder im Fanclub | |
Nationalmannschaft bewerben“, heißt es im [1][Ticketportal des DFB]. | |
Wenn die Paarungen feststehen, werden den beteiligten Nationen jeweils 20 | |
Prozent der verfügbaren Tickets angeboten. Pro Spiel sind das zwischen | |
6.000 und 15.000 Karten. Für dieses wichtigste Kontingent werden vom 14. | |
Dezember bis 18. Januar die Bewerbungen entgegengenommen. Das umstrittene | |
Koppelgeschäft – Mitgliedschaft im Fanclub als Voraussetzung, um an Karten | |
zu gelangen – haben sich bei der Uefa auch Gastgeber Frankreich sowie | |
Belgien, England und Wales abnicken lassen. Sonst lässt sich das | |
Bestellformular überhaupt nicht öffnen. | |
Auch die privat betriebene Website [2][fussballnationalmannschaft.net] | |
schließt sich den Protesten gegen die „Abzocke“ an. Die Verlosung wird | |
schließlich vom DFB organisiert – „und dieser sieht dabei wohl eine gute | |
Gelegenheit, auch selbst noch ein wenig Geld zu verdienen“. Der Betreiber | |
der Seite, Nils Römeling, sagt: „Es ist nicht einzusehen, dass der DFB beim | |
Ticketverkauf indirekt noch mitverdienen will.“ | |
## 70 Euro Gebühren, aber keine Garantie | |
Denn die Mitgliedschaft ist ja nicht kostenlos: Weil die Tickets erst Ende | |
Januar 2016 vergeben werden, fallen neben einer Aufnahmegebühr von 10 Euro | |
noch zwei Jahresbeiträge zu je 30 Euro an – zusammen also 70 Euro. Damit | |
hat man aber keine Garantie, auch wirklich an die begehrten Tickets zu | |
gelangen. | |
Gegen den Abzocke-Vorwurf wehrt sich der DFB mit Händen und Füßen. Auf | |
seiner Website weist er darauf hin, dass doch lediglich das übliche | |
Prozedere bei Auswärtsspielen angewandt werde. Zudem gehe es vor allem um | |
sicherheitsrelevante Fragen – nur so könne ausgeschlossen werden, dass | |
Anhänger, die Stadionverbot haben, Karten bestellen. | |
Der für die Nationalmannschaft zuständige DFB-Sprecher Jens Grittner | |
betont, man müsse beim Thema Sicherheit nun alle Möglichkeiten ausschöpfen: | |
„Einen gerechten und für jedermann zufriedenstellenden Verteilungsmodus zu | |
finden, ist schwierig.“ Es gehe „keineswegs um eine PR-Maßnahme oder | |
Akquiseaktion für den Fanclub. Das wäre schlichtweg eine unzutreffende | |
Interpretation.“ | |
Dass sich Anhänger, wie der DFB weiter herausstellt, in anderen | |
Verkaufsphasen bedienen können, stimmt zwar – angeblich sind in der ersten | |
Phase schon 125.000 Tickets an deutsche Besitzer gegangen – doch noch kennt | |
niemand die Paarungen. Dieser Kartenerwerb ist nur für solche Fans | |
sinnvoll, die sich entweder vorab auf eine Stadt festlegen oder die Tickets | |
zwischen März und April 2016 über die Ticket-, Tausch- und Rückgabebörse | |
umwandeln wollen. Wie viele Karten hier für EM-Spiele mit DFB-Beteiligung | |
dann auftauchen werden, ist jedoch völlig ungewiss. | |
Experten gehen wieder von einem massiven Schwarzmarkt aus. Dass der DFB des | |
Weiteren anführt, er wolle diejenigen belohnen, die regelmäßig bei | |
Auswärtsfahrten dabei seien, ist für Fanvertreter ein Scheinargument. | |
Philipp Markhardt als Sprecher der Football Supporters Europe, die für die | |
Fanbotschaften vor Ort zuständig sind, stellt fest: „Derzeit kann ja auch | |
der Kegelklub Volle Kugel schnell noch in den Fanclub Nationalmannschaft | |
eintreten und EM-Tickets ordern.“ | |
12 Dec 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.dfb.de/tickets/ | |
[2] http://www.fussballnationalmannschaft.net/ | |
## AUTOREN | |
Frank Hellmann | |
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