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# taz.de -- Stellenabbau beim „Spiegel“: Das große Sparen beginnt
> Beim Magazin werden 149 Vollzeitstellen gestrichen. Dennoch wollen die
> Chefs mit ihrer „Agenda 2018“ einen Angriff auf Tageszeitungen starten.
Bild: Ericusspitze in Hamburg: Weniger Mitarbeiter sollen künftig mehr Inhalte…
Hamburg taz | Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen.
Und weil die Zeiten beim Spiegel nicht nur außergewöhnlich sondern einmalig
sind, greift Chefredakteur Klaus Brinkbäumer zu Maßnahmen, die die
Mitarbeiter seines eigenen Hauses selbst nur ungern befolgen: Wörtliche
Zitate aus der Pressekonferenz möchte seine Presseabteilung vor Abdruck
vorgelegt bekommen.
Es ist voll am Dienstagnachmittag im Konferenzraum des Spiegel. Aus ganz
Deutschland sind Medienjournalisten angereist, um zu hören, wie die „Agenda
2018“ des Hamburger Verlagshauses aussehen soll. Im Kern geht es ums
„Wachsen und Sparen“, sagte Spiegel-Geschäftsführer Thomas Hass.
15 Millionen Euro muss das Haus in den kommenden zwei Jahren sparen.
Gleichzeitig will es neue Geschäftsfelder erschließen, „moderner und
flexibler werden“, sagt Hass. Gespart werden soll auch bei den
Mitarbeitern: Bis 2018 werden 149 Vollzeitstellen gestrichen, 25 davon in
der Redaktion (nur in der Printredaktion und nicht bei den
Korrespondenten), 14 in der Dokumentation und 100 im Verlag.
Erst am Montag wurde der Betriebsrat informiert, zusammen mit ihm soll in
den kommenden Wochen ein Fahrplan erstellt werden. „Betriebsbedingte
Kündigungen können wir nicht ausschließen“, sagt Hass, er hoffe allerdings,
dass der Stellenabbau „so sozialverträglich wie möglich“ geschehe, durch
Vorruhestände, freiwillige Lösungen oder Solidarmodelle.
## Harter Einschnitt
Für das Verlagshaus an der Ericusspitze ist diese Entscheidung ein Novum
und ein harter Einschnitt. Abgesehen von Spiegel TV, das stärker als alle
anderen Bereiche der Spiegel-Gruppe in den vergangenen Jahren Verluste
gemacht hat, mussten bisher keine Stellen aus wirtschaftlichen Gründen
abgebaut werden. „Diese Erfahrung ist unangenehm – aber nicht nur“, sagt
Hass, sie berge auch den positiven Effekt, den Verlag neu aufzustellen.
Denn Teil der „Agenda 2018“ ist auch ein groß angelegtes
Investitionsprogramm. Seit Juni haben 15 Arbeitsgruppen aus allen Bereichen
des Hauses an Konzepten für neue Projekte gearbeitet. Elf davon werden nun
umgesetzt. Darunter ist der Aufbau von Bezahlinhalten bei Spiegel Online.
In den nächsten 100 Tagen will der Verlag beginnen, für exklusive Inhalte,
wie zum Beispiel Artikel aus dem Heft, Geld zu verlangen. Wie viel, sagte
Spiegel-Online-Chefredakteur Florian Harms noch nicht. Nur so viel: Es soll
Flatrate-Modelle geben.
Im ersten Halbjahr 2016 will das Haus zudem unter der Woche am späten
Nachmittag eine Art digitale Abendzeitung mit den wichtigsten Nachrichten
des Tages veröffentlichen. Damit greift der Spiegel die Tageszeitungen an,
deren Digitalausgaben meist gegen Abend abrufbar sind. Im Februar startet
der Spiegel zudem, zunächst auf drei Monate befristet, einen Regionalteil
für Nordrhein-Westfalen. Dem dort erscheinenden Heft sollen wöchentlich
sechs redaktionelle und zwei Anzeigenseiten beiliegen. Läuft der
NRW-Spiegel erfolgreich, kann sich Klaus Brinkbäumer vorstellen, so ein
Angebot auch in anderen Regionen zu starten.
## Große Pläne
Es sind große Pläne, die Brinkbäumer und Harms präsentieren, fragt sich
nur: Wer soll die alle stemmen, wenn Stellen abgebaut werden? Brinkbäumer
ist sich sicher: „Wir werden es schaffen, unsere journalistische
Leistungskraft zu erhalten.“
Der Spiegel ist spät dran mit seinem Sparprogramm. Alle anderen großen
Verlage haben längst den Rotstift angesetzt. Dabei machen Print- und
Anzeigenkrise auch vor dem Hamburger Verlagshaus nicht Halt: Seit 2007 ist
der Umsatz der Spiegel-Gruppe um 19 Prozent auf knapp 285 Millionen Euro im
Jahr 2014 gesunken. Der Gewinn sank im gleichen Zeitraum um 48 Prozent auf
25 Millionen. Die Werbeerlöse sind seit 2000 sogar um 70 Prozent
zurückgegangen. Die Zahl der Beschäftigten blieb dennoch stabil – bis
jetzt.
Die Spiegel-Gesellschafter haben den Plänen am Montag zugestimmt, am
Dienstagmorgen wurden die Mitarbeiter informiert. Danach sei die Stimmung
gedrückt gewesen, heißt es aus Redaktionskreisen. Auch Brinkbäumer
bestätigt das: Es herrsche eine „gefasste Traurigkeit“ im Haus, den
Mitarbeitern sei aber bewusst, dass Umstrukturierungen nötig seien. Das war
bis vor Kurzem noch anders: Als im vergangenen Jahr der ehemalige
Chefredakteur Wolfgang Büchner versuchte, Print und Online stärker
zusammenzuführen, stieß er auf massive Widerstände. Monatelang lief ein
interner Kampf, bis Büchner Ende vergangenen Jahres abtrat.
1 Dec 2015
## AUTOREN
Anne Fromm
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