# taz.de -- Rugbystar Jonah Lomu gestorben: Der Unaufhaltbare | |
> Jonah Lomu ist tot. Der Neuseeländer mit polynesischen Wurzeln war der | |
> erste Weltstar, den der Rugbysport hervorgebracht hat. | |
Bild: Volle Kraft voraus: Jonah Lomu bei der WM 1999. | |
Wenn Jonah Lomu mit dem Rugby-Ei in den Händen loszog, gab es kein Halten. | |
Seinen ehrfurchtsvollen Spitznamen „The Unstoppable“, der Unaufhaltbare, | |
verdiente sich der damals 19 Jahre junge Außendreiviertel der | |
neuseeländischen Rugby-Nationalmannschaft mit seinen sagenhaften Dribblings | |
schon während seines ersten internationalen Auftritts bei der WM 1995 in | |
Südafrika. | |
Seine [1][vier Versuche] im Halbfinale gegen England gehören zum | |
Legendenschatz dieser Sportart und begründeten Lomus Ruf als der beste | |
Rugby-Spieler aller Zeiten. Die Professionalisierung und Globalisierung des | |
Rugby-Sports waren damals noch am Anfang. Dieser Mann mit dem | |
unwiderstehlichen Antritt beschleunigte mit seiner aufsehenerregenden | |
Spielweise diese Entwicklung. Jonah Lomu gilt als erster Weltstar dieses | |
Sports. | |
Der 1,96 Meter große Athlet war auch deshalb eine Ausnahmeerscheinung, weil | |
er für seine Größe und sein Körpergewicht (125 Kilogramm) unheimlich | |
schnell war. Lomu sprintete die 100 Meter in 10,8 Sekunden. Wegen dieser | |
ungewöhnlichen Kombination aus Wucht und Schnelligkeit beschrieben | |
Kommentatoren Lomus Spiel immer wieder als „Naturgewalt.“ | |
## Unvollendete Karriere | |
Und dennoch blieb die Karriere des wohl besten Spielers, den die große | |
Rugby-Nation Neuseeland je hatte, unvollendet. Zwar ist er der jüngste | |
Spieler, der je für die „All Blacks“ nominiert wurde, den Weltmeistertitel | |
aber gewann Lomu nie. Schon früh litt er an einer seltenen Nierenerkrankung | |
(Nephrotisches Syndrom). Bereits 1994 wurde die Diagnose gestellt, 2003 | |
musste er schließlich mit 28 Jahren seine Karriere beenden. | |
Der verzweifelte Versuch, sich durch Engagements auch bei europäischen | |
Klubs noch einmal für eine WM vorzubereiten, scheiterte krankheitsbedingt. | |
Die Weltmeisterschaft 2007 in Frankreich blieb nur ein Traum. 2011 hatte | |
ein erstes Spenderorgan nach sieben Jahren den Dienst aufgegeben. Geld war | |
damals aber nicht der Antrieb für seinen Comeback-Versuch, Lomu hatte 1999 | |
einen Werbevertrag mit Adidas unterzeichnet, der ihm für zehn Jahre rund | |
zehn Millionen neuseeländische Dollar einbrachte. | |
Dieser Sportler wurde aber nicht nur wegen seiner Ausnahmeleistungen auf | |
dem Spielfeld verehrt. 1975 wurde Lomu in schlimme Verhältnisse in Auckland | |
geboren, seine Kindheit verbrachte er in Tonga, dem Land seiner Eltern. | |
Zurück in Aucklands von Jugendbanden dominierten Süden bewahrte ihn auch | |
sein Rugby-Talent vor einer kriminellen Laufbahn. | |
## Brutale Kindheit | |
Lomus Aufstieg zum Sportstar gilt vielen jungen Polynesiern, die vor | |
ähnlichen Wegkreuzungen in ihrem Leben stehen, als Vorbild. Eine Zeitung | |
nannte Lomu wegen seiner auch außerhalb des Spielfeldes großen Bedeutung | |
einmal „den Muhammad Ali des Rugby“. In seiner 2004 veröffentlichten | |
Biografie „My Story“ erzählt Lomu offen über seine brutale Kindheit und d… | |
Schläge seines trinkenden Vaters, der ihn oft mit einem Elektrokabel | |
malträtierte. Seine spätere Durchsetzungsfähigkeit gegenüber Abwehrspielern | |
gewann er unter anderem dadurch, dass er immer wieder einen schweren | |
Rasenmäher hinter sich herzog. | |
Nach seiner Karriere arbeitete Lomu als Botschafter von Unicef in | |
Neuseeland und als Patron einer Stiftung, die sich um nierenkranke Kinder | |
kümmerte. Als Botschafter der Rugby WM 2011 in Neuseeland bereiste Lomu | |
auch Tonga, das Land seiner Eltern. Der Sportminister von Tonga erklärte | |
damals: „Sicherlich können viele Länder stolz auf Jonah Lomu sein, aber | |
Tonga ist am stolzesten.“ | |
Am Mittwoch ist Jonah Lomu in Auckland überraschend gestorben. Er war | |
gerade aus einem Urlaub in Dubai nach der Rugby-WM in England in seine | |
Heimat zurückgekehrt. Die Rugby-Welt und viele Politiker in seiner Heimat | |
zeigten sich betroffen über den Tod jenes Mannes, der den Rugby-Sport | |
prägte wie kaum ein anderer. Jonah Lomu, der dreimal verheiratet war, | |
hinterlässt eine Ehefrau und zwei Kinder. | |
18 Nov 2015 | |
## LINKS | |
[1] https://www.youtube.com/watch?v=yhmQlxCDFSc | |
## AUTOREN | |
Tobias Schächter | |
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