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# taz.de -- Fleisch gewordenes Managerspiel: Jede Woche 1.000 Trainer
> Beim FC Inter Dragon im Kreis Schleswig-Flensburg bestimmen die
> Internet-User über die Mannschaftsaufstellung.
Bild: Wer am Wochenende auf dem Platz steht, entscheiden beim FC Dragon allein …
HAMBURG taz | Dramatischer Trailer, Anmoderation durch eine junge Frau,
Sponsoreneinblendung: „Dieses Spiel wird präsentiert von
Eissing-Dachtechnik aus Böklund.“ Dann: Mannschaftsaufstellung, Einlauf,
Anpfiff. Jeder Fußballfan kennt diese Bildfolge, doch in diesem Fall leitet
sie die Übertragung des Kreisklassenspiels FC Inter Dragon gegen die SG
Nordangeln ein. Endstand 7:1.
Live-Berichterstattung mit vier Kameras ist in der Kreisklasse schon
ungewöhnlich, doch der eigentliche Clou des FC Inter Dragon ist ein
anderer: „Der Spieler, der drei Stunden vor Spielbeginn von den
Internet-Usern die meisten Dragons, wie unsere Spielwährung heißt, auf
einer Position hat, der spielt ohne Wenn und Aber“, sagt Vereinsgründer
Andree Bistram, der einst Profi beim FC St. Pauli, Schalke 04 und Holstein
Kiel war. „Da kann der Trainer nichts machen. Das einzige, was er machen
kann, ist zur Halbzeit auszuwechseln.“
## Torjäger auf die Bank
Ursprünglich hatte sich Bistram nur über seinen damaligen Arbeitgeber
Schleswig 06 geärgert und suchte nach einer Idee für einen eigenen Klub.
„Im Auto haben meine Kinder immer Fifa gespielt“, sagt Bistram. „Da habe
ich sie gefragt: Was haltet ihr davon, wenn wir das auf den richtigen Rasen
übertragen?“ Wie bei den Onlinespielen Comunio oder Kicker-Managerspiel
werden die Internet-User bei Inter Dragon zu Fußballtrainern und -managern.
Dabei sind Überraschungen jederzeit möglich. So setzten die User beim Spiel
gegen Nordangeln ausgerechnet den Doppeltorschützen des vorherigen
Spieltages auf die Bank. „Wahrscheinlich gingen viele davon aus, dass er
sowieso genug Stimmen erhält“, mutmaßt Bistram. Dass Spieler im Vorteil
sind, die ihre Fans mobilisieren, ist Teil des Konzepts. „Selbst wer beim
Trainer durchgefallen ist, hat die Chance zu spielen“, sagt Bistram. Dies
sei auch ein Argument, um Spieler von der Idee zu überzeugen.
Funktionäre im Verband und in anderen Vereinen reagierten dagegen zunächst
skeptisch. „Einmal wegen des ungewohnten Namens“, sagt Bistram. „Einige
befürchteten aber auch, dass wir ihre Spieler wegholen. Jetzt sind sie alle
nett und freundlich.“
Bis dahin hätten er und sein Partner, der Bauunternehmer Robert Nadrau,
eine Menge „dicker Bretter“ bohren müssen. Der Internetverein profitierte
vom Rückzug eines Vereins der Kreisklasse A, der seinen Namen auf Inter
Dragon umschreiben ließ, sodass der Weg nicht ganz unten, in der Kreislasse
C, begann. Den ersten Kader bilden einige deutsch-polnische Mitarbeiter von
Nadrau sowie eine Reihe reaktivierter Spieler.
## Mitreden gegen Geld?
In der laufenden Testphase beteiligen sich auf der Website nach Angaben von
Bistram jede Woche rund tausend User an der Mannschaftsaufstellung, auf der
Facebook-Seite noch mehr. Zurzeit ist die Teilnahme kostenlos, ob später
einmal eine Gebühr von bis zu 99 Cent pro Monat erhoben wird, ist noch
nicht entschieden. Die Live-Übertragung war ebenfalls ein Testlauf. Die
Premiere am vergangenen Sonntag gegen Flensburg 08 II fiel ins Wasser –
wegen Dauerregen.
Bis zur Rückrunde soll die Website noch weitere Features bieten. Irgendwann
sollen die User über alle Belange des Vereins mitentscheiden können, auch
darüber, welche Spieler neu verpflichtet werden oder den Verein verlassen.
Nur eine Entscheidung wird nicht in ihre Hände gelegt: Über den Trainer
entscheidet allein der Vorstand. „Wir wollen jedes Jahr aufsteigen und mit
den Usern erfolgreich sein“, sagt Bistram. Nach Anlaufschwierigkeiten hat
Inter Dragon die letzten Spiele deutlich gewonnen und belegt bereits Platz
3 der Tabelle.
15 Nov 2015
## AUTOREN
Ralf Lorenzen
## TAGS
Fußball
Internet
Onlinespiele
NBA
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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