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# taz.de -- Ärger um Zwangsabgaben: Kapitalisten im Streit
> Im Steintorviertel streiten Geschäftsleute um die Neuauflage eines
> Bündnisses zur Finanzierung von Strukturmaßnahmen. Anderswo läuft das
> besser
Bild: Auch eine Wirtschaftsförderung: Der grüne Bundesvorsitzende Cem Özdemi…
BREMEN taz | Im Viertel gibt es Ärger um die Aufhübschung des Quartiers.
Doch zur Abwechslung geht es diesmal nicht um Verdrängungs- und
Gentrifizierungsängste, sondern um einen Konflikt zwischen den
Grundeigentümern: Die streiten sich um eine fürs kommende Jahr geplante
Neuauflage des Business Improvement Districts (BID) – ein Bündnis von
Gewerbetreibenden, die gemeinsam in einen Topf für Strukturmaßnahmen
zahlen. So jedenfalls stellen es die BID-Initiatoren dar. Grundeigentümer
wie Frank Menzel hingegen sprechen von „Zwangsabgaben“ und „maximal
intransparenter Verteilung“.
Menzel und andere beklagen insbesondere die aus ihrer Sicht undemokratische
Entscheidungsfindung: Für die Bewilligung eines BIDs ist die Zustimmung von
15 Prozent der Eigentümer erforderlich, während für ein Veto 33 Prozent zu
mobilisieren sind. Umstritten war bereits der 2014 ausgelaufene Vorgänger.
Menzel sagt, in den fünf Jahren Laufzeit hätten alle dafür gezahlt, dass
einer Minderheit die Haus-Fassaden mit Kunst-Graffiti verziert wurden. Auch
gehe zu viel Geld für die Koordination drauf.
Allerdings wurden auch Events wie das Viertelfest, der Samba-Karneval oder
La Strada aus BID-Mitteln mitfinanziert. Und die Maßnahmen an einzelnen
Häusern würden dem ganzen Viertel zugute kommen, sagen die Befürworter. In
die Nachbarschaft zu investieren, ist die Grundidee von BID. Rund 30
solcher Fördergebiete gibt es derzeit in Deutschland, die Hälfte davon in
Hamburg.
Dort haben sich entsprechende Bündnisse etwa gegründet, um den Einzelhandel
in der Fußgängerzone konkurrenzfähig zu machen gegen große Einkaufszentren
am Stadtrand. Kritik an der Zwangsabgabe ist von dort nicht zu hören.
Ebenso wenig aus den beiden Bremer BIDs am Ansgarikirchhof und in der
Sögestraße, wo unter dem Schweinehirten-Logo nach Bekunden der
Koordinatoren für „einheitliche Weihnachtsbeleuchtung, Sauberkeit und
Sicherheit“ gesorgt wurde.
## Größter BID im Land
Dass es im Viertel Probleme gibt, mag auch an der Größe liegen: Mit 260
Eigentümern und 300 Geschäften lag hier das größte deutsche BID – mit ein…
Etat von rund einer Millionen Euro. Die auch im Bremischen Gesetz zur
Stärkung von Einzelhandels- und Dienstleitungszentren vorausgesetzte
„Homogenität der Interessenslagen“, sei da nicht gegeben, sagt Menzel. Für
die Neuauflage ist nun im Gespräch, das Gebiet in zwei Bezirke zu teilen.
Nach rechtlichen Auseinandersetzungen um den Vorgänger kann zudem Befreiung
beantragen, wer nur Wohnraum besitzt.
Die Uni Bremen hat das Viertel-BID evaluiert. Eigentümer-Befragungen
ergaben, dass zwar eine prinzipielle Ablehnung des Projektes verbreitet
sei, die einzelnen Maßnahmen aber überwiegend positiv gesehen wurden. Auch
Menzel stört sich nicht an diesen Projekten, sondern daran, das Engagement
der Viertel-Bewohner dem Label zuzuschreiben: „Natürlich verbucht man
Erfolge, wenn man auf jede Verbesserung BID schreibt“, sagt er.
Beim Versuch, das neue BID zu verhindern, setzt er nun selbst auf dieses
Engagement. Beim letzten Mal sei der Protest auch deshalb gescheitert, weil
die Abstimmung in der Urlaubszeit stattfand. Zudem hatte die private
Koordinationsstelle aus Datenschutzgründen nur eingeschränkten Zugriff auf
die Adressen der Eigentümer. Und so kämpft Menzel auch nicht auf der
Straße, sondern mit dem Terminkalender und Erinnerungs-Mails: „Verpassen
Sie keine Fristen!“, schreibt Menzel auf seiner Protest-Homepage
[1][www.keinbid.de].
19 Oct 2015
## LINKS
[1] http://www.keinbid.de
## AUTOREN
Jan-Paul Koopmann
## TAGS
Wirtschaftsförderung
Gentrifizierung
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