# taz.de -- China will Berlin neue Pandas leihen: Noch ein paar Sexmuffel mehr | |
> Der Berliner Zoo darf sich auf ein neues Panda-Pärchen freuen – über die | |
> Leihgabe wird gerade in Peking verhandelt, verkündet Kanzlerin Merkel. | |
Bild: Ach diese Augen...: Die Pandabärin Yan Yan 2003 im Berliner Zoo. | |
Ganz Kanada fieberte mit. Und die meisten Chinesen auch. Als vor einem | |
Monat die Pandabärin Er Shun im Zoo von Toronto zwei Junge zur Welt | |
brachte, waren auch in China sämtliche Zeitungen voll mit Berichten über | |
den Gesundheitszustand der Mutter und ihrer Babys. Sie habe „hervorragende | |
Mutterinstinkte“ gezeigt und gleich nach der Geburt des ersten Jungtiers | |
damit begonnen, den Winzling „zu putzen und zu liebkosen“, zeigten sich | |
chinesische Medien entzückt. | |
## Ein echtes Stück China | |
Nun will die chinesische Führung die Berliner mal wieder beglücken. Am | |
Rande des Besuchs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Peking teilte | |
sie mit, dass sie mit dem chinesischen Gastgeber über ein neues | |
Bären-Pärchen für den Berliner Zoo verhandle. „Das ist ein besonders Stück | |
China, das viele Menschen in Deutschland erfreuen wird“, sagte die | |
Kanzlerin, höchst erfreut, diese frohe Botschaft den anwesenden | |
Journalisten kundzutun. Die Initiative geht wohl auf Berlins Regierenden | |
Bürgermeister Michael Müller (SPD) zurück. Peking ist eine von Berlins | |
Partnerstädten. | |
In Berlin hatte es schon mal Pandas gegeben – und sie waren, bis Knut kam, | |
unangefochten die Stars des Zoos. Doch zunächst verstarb 2007 das Weibchen | |
Yan Yan, sodass die Berliner jegliche Hoffnung auf Nachwuchs abrupt | |
aufgeben mussten. Ihr männliches Pendant Bao Bao fristete fortan nur noch | |
ein kümmerliches Dasein – und folgte ihr 2012 in den Tod. Yan Yan wurde | |
kürzlich ausgestopft und nach China zurückgebracht. Denn Pandas sind stets | |
Eigentum der Volksrepublik und werden weltweit den Zoos nur verliehen. | |
Seit Jahrzehnten nutzt die chinesische Führung die schwarz-weiß befleckten | |
Bären als freundliche Geste zur Aufwertung der diplomatischen Beziehungen. | |
Die erste Panda-Leihgabe übergab Chinas damaliger Machthaber Mao Zedong | |
1972 dem US-Präsidenten Richard Nixon bei dessen Besuch in der | |
Volksrepublik. Diese Visite leitete Chinas Öffnungspolitik ein. Seitdem hat | |
China 23-mal Pandas verschenkt. 1980 kam auch Deutschland zum Zuge. Erfreut | |
nahm der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt Yan Yan und Bao Bao für den | |
Westberliner Zoo entgegen. | |
Doch was macht überhaupt den Reiz dieser Geschöpfe aus? Eigentlich sind | |
Pandas ausgesprochen seltsame Geschöpfe. Von ihrer Gattung her gehören sie | |
zur Gruppe der Fleischfresser. Doch sie mögen ausschließlich Bambus. Und | |
davon auch nur eine bestimmte Sorte, die alle paar Jahrzehnte anfängt zu | |
blühen und kollektiv abstirbt. Pandas leben ausschließlich in dichten | |
Bambuswäldern in den hoch gelegenen Bergen im südwestlichen China. Und dort | |
knabbern sie zehn bis zwölf Stunden am Tag geräuschvoll an den hölzernen | |
Bambusfasern. | |
Die übrige Zeit schlafen sie. Genau diese Ruhe, die die Tiere ausstrahlen, | |
macht sie so sympathisch: Pandas gähnen, recken sich und hopsen tapsig | |
allenfalls ein paar Meter. Die Fortbewegung scheint ihnen nicht in die | |
Wiege gelegt worden zu sein. | |
Aus Sicht von Evolutionsforschern haben Pandabären schon lange keine | |
Daseinsberechtigung mehr. Zwar dürfte der Verlust ihres natürlichen | |
Lebensraums in China der ausschlaggebende Grund sein, warum der Große Panda | |
zu den am stärksten bedrohten Tierarten der Erde gehört. Doch auch | |
unabhängig von der Zerstörung ihrer Umwelt wäre ihre Gattung nur kaum | |
lebensfähig. Denn Pandas sind wählerisch – und notorische Sexmuffel. Die | |
Weibchen sind nur an drei Tagen im Jahr paarungsbereit. | |
## Forscher sind angetan | |
Und doch sind auch Forscher von diesen Geschöpfen angetan: Mit ihren | |
Vorderpfoten halten Pandas den Bambus wie kleine Kinder. Um an die saftigen | |
Seitentriebe zu gelangen, streifen sie mit der anderen Pfote die Blätter, | |
indem sie die Rohre zwischen ihrem beweglichen Daumen und den übrigen | |
Fingern geschickt hindurchführen. Ein solcher Gegengriff mit dem Daumen ist | |
Evolutionsforschern ansonsten nur vom Menschen bekannt. | |
Eben weil diese Eigenschaften auf die meisten Menschen so niedlich und | |
berührend wirken, wenden Zoologen erheblichen Aufwand auf, um mithilfe der | |
modernen Tiermedizin den Bestand der Pandas dauerhaft zu sichern. | |
Vielleicht aber hat die Evolution das genau so vorgesehen. Berlins Zoo | |
zumindest darf sich auf Chinas putzige Leihgabe freuen. | |
29 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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