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# taz.de -- Erfolgreicher Aufsteiger Darmstadt: Immer noch ein Kapitel
> Das moderne Märchen des SV Darmstadt 98 wird Woche für Woche
> weitererzählt. Am Dienstagabend wurde Hannover 96 aus dem Pokal geworfen.
Bild: Manndeckung: Torschütze Wagner lässt sich von seinen Mitspielern herzen
Darmstadt taz | Für Montag hat Rüdiger Fritsch eine Einladung vom
Frankfurter Presseclub angenommen. Der in der Bankenstadt ansässige
Wirtschaftsjurist, der im Grunde im Nebenberuf noch dem SV Darmstadt 98 als
Präsident vorsteht, darf dann noch einmal von einem Märchen erzählen. Dem
modernen Fußballmärchen der Lilien. Vom totgesagten Pleiteverein aus der
Dritten Liga zum lebendigsten Aushängeschild der Bundesliga.
Der nie um einen lockeren Spruch verlegene Fritsch wird sich an dem Abend
von Stephan Köhnlein verhören lassen, Agenturjournalist und Autor des Buchs
„Die Sonne scheint“, das genau diese wundersame Metamorphose des kultigen
Klubs behandelt. Vermutlich wird der 54-Jährige jene gute Laune in die
Veranstaltung tragen, mit der er auch nach dem verdienten 2:1 im DFB-Pokal
gegen Hannover 96 durch die beengten Katakomben des Stadions am
Böllenfalltor schwebte.
Eine „ganz, ganz tolle Geschichte“ sei der Achtelfinaleinzug und „ein
weiteres Highlight“, konstatierte der Vereinschef, der eine einfache
Begründung für den guten Lauf der Lilien auftischte. „Erfolg generiert
Selbstvertrauen, und Selbstvertrauen führt wieder zu Erfolg. Ein schöner
Kreislauf.“
Fritsch hat im zweiten nationalen Wettbewerb weniger den wirtschaftlichen
Zugewinn als das sportliche Signal im Blick. Grund: Von der
Garantieeinnahme mit 527.000 Euro Fernsehgeld würde ein Großteil als
„Erfolgsbestandteil“ an die Profis ausbezahlt. „Unsere Verträge sind
absichtlich so gestaltet.“ Leistung soll sich auch in der Nische hier in
Darmstadt lohnen, wo der rührigen Story fast Woche für Woche ein Kapitel
hinzugefügt wird.
## Schadenfreude auf der Tribüne
Das Sympathische ist, dass bei den Südhessen wirklich niemand zu entdecken
ist, der bislang die Bodenhaftung verliert. „Warten wir doch die Auslosung
ab“, meinte auch Fritsch in Anspielung auf die Ziehung am Sonntag, während
draußen auf den Tribünen noch viele Fans ihre Schadenfreude über das Aus
des großen Nachbarn (“Ohne Frankfurt fahren wir nach Berlin“) in die Nacht
posaunten.
Bis zum Finale in der Hauptstadt würde einer wie Dirk Schuster niemals
denken. Aus dessen Trainer- und Helferteam wurden ja sofort Stimmen laut,
die daran erinnerten, dass der nächste Pokal-Termin Mitte Dezember zwischen
die letzten beiden Bundesliga-Spieltage fällt, in denen der Emporkömmling
gegen Hertha BSC und bei Borussia Mönchengladbach anzutreten hat.
Der listige Fußballlehrer lobte deshalb kurzfristig nur das, was er immer
herausstellt: Moral, Wille und Leidenschaft. Schusters Konzept ist weiter
so simpel wie effektiv: hinten die meiste Zeit gut stehen, vorne zumeist
mit Standards auf den einen Moment lauern. Oder gegen Hannover auf zwei:
Aytac Sulu (74.) und Sandro Wagner (79.) profitierten davon, dass auch der
bei Joachim Löw ausgebootete Nationaltorwart Ron-Robert Zieler unter den
großen Flutlichtstrahlern an der Nieder-Ramstädter-Straße den Durchblick
verlor.
„Wir hatten keine Lust aufs Verlieren“, erklärte Verteidiger Florian
Jungwirth die Umstellung auf den Sturm-und-Drang-Stil in der Schlussphase
und ergänzte: „Ich finde, wir spielen bisher eine überragende Saison.“
Wettbewerbsübergreifend hat Darmstadt in zwölf Pflichtspielen nur drei
Niederlagen kassiert – gegen Bayern, Wolfsburg und Mainz.
Auch das Spiel gegen die Nachbarn aus Rheinhessen wäre unentschieden
ausgegangen, wenn nicht der im Sommer in Berlin aussortierte Wagner in
letzter Minute einen Elfmeter in die Wolken gejagt hatte. Dass der 27 Jahre
alte Mittelstürmer nun den Ball mit der Brust über die Linie brachte, war
bezeichnend. „Sandro hat sich aufgerieben und war grundaus positiv“, sagte
Schuster zum hünenhaften Sinnbild des Widerstands.
„Momentan klappt es sehr gut, auch bei mir persönlich“, meinte der
Matchwinner. „Aber das Weiterkommen können wir nur kurz genießen, dann
richtet sich die Konzentration auf Stuttgart, wo ein wichtiges Ligaspiel
auf uns wartet.“ Im Schwabenland steht in drei Tagen so etwas wie ein Kampf
der Systeme bevor: Der voller Überzeugung vertretene Stuttgarter
Offensivstil gegen die nicht minder vehement verteidigte Darmstädter
Defensivtaktik. Größere Gegensätze hat die Liga kaum zu bieten.
28 Oct 2015
## AUTOREN
Frank Hellmann
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