# taz.de -- Arbeitsbedingungen bei Partei-Stiftungen: Eine Frage der Unternehme… | |
> Für Mitarbeiter im Ausland gelten die Bestimmungen vor Ort. Das kann zu | |
> Problemen führen, wie bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung. | |
Bild: Sie würde sich umdrehen, wenn sie wüsste, was in New York passiert ist. | |
Hamburg taz | Einen Großteil ihrer Mitarbeiter beschäftigen die Stiftungen | |
der im Bundestag vertretenen Parteien in ihren Auslandsbüros. Das | |
offizielle Ziel: Sie sollen Demokratie fördern, die Zivilgesellschaft | |
unterstützen und sich für deutsche Außen- und Entwicklungspolitik einsetzen | |
– finanziert von deutschen Ministerien. Doch deutsche Arbeitsbedingungen | |
gelten für sie deshalb noch nicht. Als sogenannte Ortskräfte können sie nur | |
nach den jeweils geltenden nationalen Bestimmungen angestellt werden, ob in | |
China, den USA oder Katar. Das kann zu problematischen | |
Beschäftigungsverhältnissen führen. So wie bei der Linkspartei-nahen | |
Rosa-Luxemburg-Stiftung. | |
Anfang Juli wurden nach Recherchen von taz und NDR Info die | |
Arbeitsbedingungen der Ortskräfte im New Yorker Büro der | |
Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) bekannt. Als lokale Mitarbeiter erhielten sie | |
von der Büroleitung lediglich einen sogenannten „Job Offer Letter“, ein | |
offizielles Jobangebot, das in den USA zwar als eine Art Arbeitsvertrag | |
gilt, jedoch keine arbeitnehmerrechtliche Absicherung gewährleistet. Die | |
Mitarbeiter sind demnach „at-will“, nach Belieben, beschäftigt. Sie können | |
also fristlos und ohne Begründung gefeuert werden. | |
Regelungen wie Arbeitszeit oder Mutterschaftsurlaub stehen in einem | |
Mitarbeiterhandbuch, das jedoch nicht bindend ist. Die Ortskräfte hatten | |
sich deswegen gewerkschaftlich organisiert. Daraufhin [1][kündigte die New | |
Yorker Büroleitung] ausgerechnet der Person, die den Gewerkschaftsbeitritt | |
angestoßen hatte. | |
Die RLS bestreitet einen Zusammenhang und spricht von einer | |
betriebsbedingten Kündigung. Die Arbeitsbedingungen in ihrem New Yorker | |
Büro begründete sie mit dem sogenannten Prinzip der Ortsüblichkeit. | |
„Grundsätzlich gilt für die Rosa-Luxemburg-Stiftung, dass sie die unter den | |
jeweiligen Bedingungen vor Ort bestmöglichen Arbeitsbedingungen für ihre | |
Angestellten aushandelt“, so die Stiftung. Was jedoch ortsüblich sei, werde | |
von den deutschen Botschaften festgestellt, daran habe man sich zu halten. | |
Weil also in den USA eine Kultur des Hire and Fire herrscht, gilt diese | |
auch für die eigenen Mitarbeiter – vorgegeben von der deutschen Botschaft? | |
Dass dies nicht die bestmöglichen Bedingungen für die lokalen Mitarbeiter | |
sind, haben weitere Recherchen der taz ergeben. So teilten die SPD-nahe | |
Friedrich-Ebert-Stiftung, die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung und die | |
grüne Heinrich-Böll-Stiftung mit, dass ihre Mitarbeiter in den USA | |
Arbeitsverträge mit Kündigungsschutz haben. Die Angestellten des Böll-Büros | |
in Washington DC erhielten demnach sogar bezahlten Mutterschaftsurlaub, im | |
Gegensatz zur RLS in New York. | |
## Stiftungen haben Spielraum bei Arbeitsbedingungen | |
Es besteht also offenkundig ein gewisser Spielraum für die Ausgestaltung | |
der Arbeitsbedingungen vor Ort. Das bestätigt auch das Bundesministerium | |
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, kurz BMZ, das mit | |
derzeit 230 Millionen Euro den Bärenanteil bei der Finanzierung der | |
Auslandsbüros politischer Stiftungen übernimmt. | |
Das BMZ teilte auf Anfrage mit: „Die Arbeitsbedingungen, also | |
Arbeitsschutz, Sozialrecht, Steuern etc., liegen in der Verantwortung der | |
Stiftungen als im Gastland tätige private Organisationen.“ Dem BMZ sei | |
allerdings wichtig, dass die Stiftungen sparsam mit den öffentlichen | |
Geldern umgingen und nicht mehr ausgeben als im Gastland üblich. | |
Das Prinzip der Ortsüblichkeit bezieht sich hier also auf die Ausgaben der | |
Büros: lokale Gehälter, Personaleinsatz oder Zuschuss für Mieten. Was | |
ortsüblich ist, legten die deutschen Auslandsvertretungen oder die | |
örtlichen Handelskammern fest. Die orientierten sich dabei unter anderem an | |
dem lokalen Arbeitsmarkt für internationale Organisationen. „Die Rolle der | |
Botschaften bezieht sich in dem Zusammenhang auf das Gehaltsgefüge und die | |
Kosten“, so das BMZ. Den Spielraum für die Arbeitsbedingungen hingegen gebe | |
das lokale Arbeitsrecht vor. „Damit haben die deutschen Botschaften nichts | |
zu tun und sie überwachen das auch nicht.“ | |
Demnach liegt es an den Stiftungen selbst, wie sie diesen – wenn auch oft | |
sehr engen – Spielraum nutzen. In der Heinrich-Böll-Stiftung etwa sind nach | |
eigenen Angaben in all ihren Büros schriftliche Arbeitsverträge | |
verpflichtend. Jobs Offer Letter nach dem Prinzip Hire and Fire, wie im | |
Fall der Rosa-Luxemburg-Stiftung, gebe es nicht. | |
## Ausschlaggebend ist die Unternehmenskultur | |
Die eigene Unternehmenskultur ist der springende Punkt, heißt es daher aus | |
Gewerkschaftskreisen. Obwohl sich international tätige Organisationen an | |
das im jeweiligen Land geltende Arbeitsrecht halten müssten, könnten | |
freiwillige Bestimmungen vereinbart werden. Große deutsche Unternehmen | |
machten das bereits vor: Über Codes of Conducts, Internationale | |
Rahmenabkommen oder globale Betriebsräte versuchten sie, die Mitarbeiter in | |
den ausländischen Zweigstellen stärker ans deutsche Mutterhaus zu binden – | |
und beispielsweise auf Basis der Vorgaben der Internationalen | |
Arbeitsorganisation arbeitsrechtliche Standards zu entwickeln. | |
Doch oft genug scheiterten solche freiwilligen Regelungen an dem Willen, | |
die selbst gesteckten Ziele auch durchzusetzen. Im Fall der RLS scheint | |
genau das passiert zu sein. Als einzige von der taz angefragte Stiftung hat | |
sie einen Ombudsmann für ihre Ortskräfte eingesetzt und einen Code of | |
Conduct für ihre Außenbüros erarbeitet. Von „Lebensplanungssicherheit“ | |
durch unbefristete Verträge ist dort die Rede und von optimalen Regelungen | |
statt Mindeststandards, natürlich unter den gegebenen Umständen vor Ort. | |
Der Code of Conduct der RLS gilt seit 2012. Im selben Jahr wurde das New | |
Yorker Büro gegründet – ohne dass die Ortskräfte dort detaillierte | |
Arbeitsverträge mit Kündigungsschutz erhalten hätten. Die Folgen sind | |
bekannt. | |
Die RLS sieht dennoch keinen weiteren Handlungsbedarf. Auf einen offenen | |
Brief von 30 stiftungsnahen Wissenschaftlern, die im Juli einen besseren | |
Umgang mit Mitarbeitern im Ausland gefordert hatten, antwortete die RLS | |
zwei Monate später. In dem Schreiben geht sie ausführlich auf die | |
komplizierte Gemengelage für die Auslandsbüros ein, die aus den Richtlinien | |
der Zuwendungsgeber, der nationalen Gesetzgebung und den Budgets der | |
jeweiligen Büros bestehe. Direkt an die Wissenschaftler gewandt schließt | |
die RLS ab: „Der Auslandsbereich hat mit dem Code of Conduct bereits 2012 | |
all das ausgearbeitet, was in Ihrem offenen Brief als Wunsch oder | |
Notwendigkeit gefordert wird.“ | |
Derweil kämpfen die Mitarbeiter des New Yorker Büros weiter um bessere und | |
bindende Arbeitsbedingungen – und damit um Lebensplanungssicherheit. Die | |
Gewerkschaftsverhandlungen seien „auf einem für alle Seiten sehr positiven | |
Weg“, heißt es aus der Stiftungszentrale. | |
17 Oct 2015 | |
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[1] /Eklat-bei-Rosa-Luxemburg-Stiftung/!5208521/ | |
## AUTOREN | |
Frauke Ladleif | |
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