# taz.de -- Kommentar Rede von Jeremy Corbyn: Dröge, aber ehrlich | |
> Der neue Labour-Chef steht nicht für kurzfristige Action. Sondern für | |
> eine neue Art, Politik zu machen. Wenn das mal gutgeht! | |
Bild: Klare Worte, klare Kante: Jeremy Corbyn beim Parteitag. | |
Wenn man die üblichen Maßstäbe anlegt, war es keine gute Rede, die Jeremy | |
Corbyn am Dienstag auf dem Parteitag der Labour Party in Brighton gehalten | |
hat. Es fehlte ein wenig die Struktur und es fehlten die Soundbites – jene | |
kurzen, prägnanten Zitate, die im Gedächtnis haften bleiben und die | |
Delegierten zu stehenden Ovationen hinreißen. | |
Aber beim neuen Labour-Chef gelten die normalen Maßstäbe nicht. Er ist | |
angetreten, um die Art, wie Politik gemacht wird, nicht nur in der Labour | |
Party, sondern im ganzen Land zu verändern. Warum also nicht bei der | |
Parteitagsrede anfangen? | |
Die Rede war authentisch, sie basierte auf gut 30 Jahren Erfahrung im | |
Unterhaus und einer noch längeren Zeit bei zahlreichen | |
außerparlamentarischen Kampagnen. Die Delegierten bekamen genau das zu | |
hören, was Corbyn auf den 99 Veranstaltungen während seines Wahlkampfes | |
gesagt hat. | |
Bei Meinungsumfragen kommt ein ums andere Mal heraus, dass die Menschen den | |
Politikern nicht trauen, und dass sie die Nase voll von leeren | |
Versprechungen haben. Die Mehrheit der Befragten hält Corbyn jedoch für | |
ehrlich, in diesem Punkt liegt er weit vor Premierminister David Cameron. | |
Die Parteitagsrede hat diesen Trend eher verstärkt. | |
Aber werden sie ihn auch wählen? Laut den Umfragen wohl eher nicht. Warum | |
aber entscheiden sich so viele Menschen für eine Partei wie die Tories, die | |
eine Politik für eine Minderheit, nämlich die Reichen, macht und dabei | |
massiv von unten nach oben umverteilt? | |
## Die Rechten wetzen die Messer | |
Wenn Corbyn auf diese Frage eine Antwort findet, und wenn er seine | |
Vorstellungen beizeiten in ein konkretes politisches Programm gießen kann, | |
das nicht nur bei seinen Anhängern ankommt, sondern auch bei den | |
Labour-Skeptikern und den Wechselwählern, dann hat er eine Chance. Diese | |
Zeit müssen ihm seine parteiinternen Gegner geben. | |
Es ist ja nicht Corbyn, der die Zukunft der Labour Party gefährdet, sondern | |
der rechte Kreis um den früheren Premier Tony Blair. Dessen damaliger | |
Berater Peter Mandelson hat öffentlich das Messer gegen Corbyn gewetzt. | |
Mandelsons Spitzname war „Prinz der Dunkelheit“, weil er stets im | |
Hintergrund undurchsichtige politische Geschäfte machte. | |
Es ist genau diese Art von Politik, gegen die Corbyn angetreten ist und | |
dafür mit solch deutlicher Mehrheit gewählt wurde. | |
30 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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