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# taz.de -- Neuregelung im Rettungsdienst: Ohne Umweg in die Klinik
> Immer wieder gab es Fälle, bei denen Notarztwagen nicht ins nächste
> Krankenhaus fuhren. Das soll sich mit der Neuregelung der Lizenzvergabe
> nun ändern.
Bild: Tatütata, tatütata, tatü...
Ein Herzinfarkt, der Notarzt kommt und bringt den Patienten in die nächste
Notaufnahme. So sieht es die Berliner Notarztdienstverordnung vor, und so
wird es in der Praxis in aller Regel auch gehandhabt. Doch mitunter haben
ÄrztInnen ihre PatientInnen auch schon mal lieber ins eigene als ins das
nächstgelegene Haus gebracht – das hört man aus Notarztkreisen, und das
bestätigt auch die Berliner Feuerwehr auf Anfrage. „Es gab Fälle, wo auf
diese Weise versucht wurde, Patienten für die eigene Klinik zu
akquirieren“, so ein Feuerwehrsprecher.
Derzeit regelt die Feuerwehr die Vergabe der 17 Notarztwagenlizenzen für
Berlin neu. Mehr Transparenz ist das Ziel: Die Kliniken, die die Ärzte auf
den Notarztwagen bereitstellen, schließen ihre Verträge nun direkt mit der
Feuerwehr. Bisher war das nicht unbedingt so: „Es gab in der Vergangenheit
nie ein einheitliches Ausschreibungsverfahren“, sagt der Feuerwehrsprecher.
Manche Verträge seien auch über die Innenverwaltung abgeschlossen worden,
insgesamt habe niemand mehr so richtig durchgesehen.
Die Neuregelung dürfte vor allem auch die unlautere Patientenakquise
verhindern: „Da es nun ein einheitliches Vertragswerk gibt, haben wir
natürlich auch die Möglichkeit, Vertragsstrafen zu verhängen“, lässt die
Feuerwehr mitteilen. Das könne dann „bis zum Verlust der Lizenz zur
Besetzung des Notarztwagens“ gehen. Die Feuerwehr registriert die Wege für
jedes Einsatzfahrzeug. Außerdem stellt sie Medikamente und medizinische
Geräte auf den Wagen. Insgesamt rund 83.000 Notarzteinsätze fuhr die
Berliner Feuerwehr laut ihrem Jahresbericht 2014.
Zwar gibt es bereits die Notarztdienstverordnung der Innenverwaltung, an
die sich die Rettungskräfte halten müssen. Doch die ist eher schwammig
gehalten: Die PatientIn ist lediglich in ein „geeignetes“ Krankenhaus zu
bringen, „aus einsatztaktischen Gründen in der Regel das nächstgelegene“.
Dass die Feuerwehr an einem neuralgischen Punkt nachbessert, zeigt auch die
Reaktion der Kliniken, die durch die Neuvergabe ihre Lizenz für den
Rettungswagen verloren haben. Zwei Häuser klagen derzeit gegen die Vergabe
vor dem Kammergericht, wie eine Gerichtssprecherin bestätigte.
## Wer kalkuliert billiger?
Eine der beiden Klägerinnen ist das Sana Klinikum Lichtenberg. Der dort
stationierte Notarzteinsatzwagen solle ab Februar an die Berufsfeuerwache
Lichtenberg verlegt und dann von Ärzten des Vivantes Klinikums Hellersdorf
besetzt werden, so der ärztliche Direktor Olaf Göing zur taz. Die Feuerwehr
wollte das mit Hinweis auf das schwebende Verfahren nicht bestätigen. Man
hoffe natürlich dennoch, dass man „unverändert“ angefahren werde, sagte
Göing.
Dennoch bleibe „ein Unbehagen“ – das auch wirtschaftlicher Natur sein
dürfte. Derzeit versorgen im Sana Klinikum zwölf Notärzte etwa 5.000
PatientInnen im Jahr, die vom Notarztwagen in die Rettungsstelle gefahren
werden – laut Klinikangaben liege man damit berlinweit auf Rang vier.
Verliert das Krankenhaus die Notarztwagenlizenz, würden laut Göing fünf
Stellen gestrichen – eine Halbierung der Kapazitäten. Das schlägt natürlich
wirtschaftlich ins Gewicht, auch wenn Göing genaue Zahlen nicht nennen mag.
Vor Gericht verhandelt wird indes auch darüber, ob die Kriterien des
Vergabeverfahrens transparent waren. So wurden offenbar zu einem bestimmten
Teil medizinische Kriterien berücksichtigt, zum anderen wirtschaftliche. In
Lichtenberg etwa hat man Zweifel, ob die Kliniken die Tarifbestimmungen für
die Notärzte bei der Abgabe ihrer Angebote eingehalten haben, oder ob
schlicht Preisdumping betrieben wurde.
Senatsinnenverwaltung und Berliner Feuerwehr mochten die Vergabekriterien
mit Hinweis auf das laufende Verfahren nicht kommentieren. Man habe aber
seit Oktober bereits mit der Umbesetzung der Einsatzwagen begonnen.
Klar ist: Der landeseigene Konzern Vivantes hat laut Aussage einer
Sprecherin zwei Standorte dazugewonnen – damit verdient das Land nun an
acht von den insgesamt 17 Standorten mit. Zumindest die Richter sollten die
Feuerwehr und ihr Dienstherr, die Senatsinnenverwaltung, also von der
Transparenz des Verfahrens überzeugen können. Wann mit einem Urteil zu
rechnen ist, ist derzeit noch unklar.
7 Oct 2015
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Feuerwehr
Notarzt
Lizenzvergabe
Hamburg
Berliner Senat
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