# taz.de -- Filmstart „Life“: Glamour umständlich angefahren | |
> Anton Corbijn begibt sich in die Geschichte der Fotografie. Er | |
> rekonstruiert filmisch die Begegnung von Dennis Stock und James Dean. | |
Bild: Robert Pattinson als Dennis Stock (r.) und Dane DeHaan als James Dean: Sz… | |
Anton Corbjin ist ein berühmter Fotograf. Er ist berühmt für | |
großartig-brüchige Schwarzweißporträts berühmter Leute aus dem | |
Showbusiness. Meist sind es Pop- und Rockstars, die er in Antiposen | |
festhält, die auch mal gern arg pathetisch ausfallen. Sollte man bei ihm | |
also nicht erwarten dürfen, dass er Ideen und Bilder für die Geschichte | |
eines Fotografen hat, der berühmt werden will, indem er einen kurz vor | |
seiner Berühmtheit stehenden Schauspieler fotografiert? | |
So wie Dennis Stock, der, als er 1955 auf einer Party James Dean | |
kennenlernt, sofort wittert, ihn zu fotografieren könnte sein persönlicher | |
Durchbruch nicht nur beim Life Magazin, sondern überhaupt als Fotograf | |
sein. Doch entgegen der Annahme fällt Anton Corbijn zu Dennis Stock und | |
seiner maßstabbildenden Aufnahme von James Dean am Times Square, die | |
Millionen von Teenagerzimmern schmückte, nichts ein. | |
Das zeigt sich gleich zu Beginn des Films, als Robert Pattinson als Dennis | |
Stock sehr stilvoll in einem Autotyp der 1950er Jahre vor einem ebenso | |
typischen Bungalow vorfährt, das Auto abstellt und umständlich abschließt, | |
um ins Haus und auf die Party zu gehen. Wenn Corbijn jetzt gleich mit der | |
Party eingestiegen wäre, hätte irgendjemand angenommen, sein Protagonist | |
sei vom Himmel gefallen? | |
Er hätte sich deswegen ebenso zögerlich und missmutig durch das Gewühl | |
bewegen können. Es braucht die Umständlichkeit der Anfahrt nicht, nur um zu | |
zeigen, dass Stock sich in seiner Haut nicht wohlfühlt und – immerhin ist | |
er Mitglied der Fotoagentur Magnum – unzufrieden ist. Natürlich faszinieren | |
ihn James Dean und die Idee einer großen Fotostrecke mit dem Schauspieler, | |
dem offenkundig gerade zufällt, was er noch immer verbissen sucht, nämlich | |
künstlerischen Erfolg. Gerade hat Dean „East of Eden“ abgedreht, und schon | |
umgibt ihn die Aura kommender Größe. | |
## Leblos, langwierig und langweilig | |
Leider entwickelt Corbijn die eigentlich spannende und interessante | |
Geschichte von der schwierigen, von gegenseitiger Vorteilsnahme belasteten, | |
gleichzeitig aber im gegenseitigen Verständnis für den Kampf um | |
professionellen Spielraum versöhnten Beziehung zwischen dem | |
Fotografentalent aus New York und dem Jungstar aus Hollywood nicht. | |
So leblos, langwierig und langweilig der Film begonnen hat, bleibt er über | |
die gesamte Zeit. Robert Pattison, der als Dennis Stock so gut wie keine | |
Miene verzieht, geht in der Behäbigkeit der Inszenierung, die Corbijn | |
wahrscheinlich stimmungsvoll dünkt, genauso unter wie Dane DeHaan, der | |
Jimmy Dean zwar angenehm ungezwungen, deswegen aber keinesfalls bezwingend | |
spielt. | |
Gerade weil die zwei Männer mal nicht gleich beste Buddys sind – auch im | |
Arthousekino eine so seltene wie begrüßenswerte Ausnahme – und sich | |
miteinander eher schwertun, hätte die gemeinsame Reise nach Indiana zur | |
Farm, auf der der Jungschauspieler aufwuchs, eine Reise ins Innere der | |
Protagonisten werden können. Denn es ist nicht klar, wer glaubt, die Macht | |
zu besitzen, den anderen groß herauszubringen. Wer also von beiden | |
eigentlich im Zentrum der Expedition steht. Schließlich stellt sich beiden | |
die Frage, ob sie ihre Begabung verwirklichen können. | |
Die Fahrt nach Indiana hätte diese Reise in die untergründige Konstruktion | |
von Persönlichkeit, Kunst und Imagebildung werden müssen. Denn warum | |
ausgerechnet hier mit James Dean auf dem Traktor, beim Vorlesen mit dem | |
Neffen oder im Schweinestall die ikonischen Aufnahmen des nur sieben Monate | |
später tödlich verunglückten Jungstars entstehen, Anton Corbijns „Life“ | |
kann es nicht erklären. | |
24 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Brigitte Werneburg | |
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