| # taz.de -- Karneval der Kulturen: Angst vor dem Ausverkauf | |
| > Der Haushaltsentwurf sieht vor, den Karneval der Kulturen schon ab 2017 | |
| > vor allem über Sponsoren zu finanzieren. Die Karnevalisten wollen das | |
| > nicht hinnehmen. | |
| Bild: Steht der Karneval schon 2017 wieder auf der Kippe? | |
| Eigentlich wollten die Karnevalsgruppen mal eine Weile stillhalten. | |
| Schließlich läuft gerade ein Konzeptdialog zur Ausrichtung des | |
| Großereignisses ab 2016 – initiiert von der Senatsverwaltung für | |
| Integration. Um den Erfolg nicht zu gefährden, habe man vorerst | |
| Stillschweigen vereinbart, sagt ein Teilnehmer. Doch angesichts der neusten | |
| Nachrichten konnten die Gruppen dann doch nicht an sich halten: Die Mittel | |
| für den Karneval, für 2016 noch mit 830.000 Euro recht großzügig | |
| eingeplant, sollen 2017 um rund zwei Drittel reduziert werden. Dann gäbe es | |
| nur 270.000 Euro. So steht es im aktuellen Entwurf für den Doppelhaushalt | |
| 2016/2017. | |
| Die Gruppen fühlen sich davon vor den Kopf gestoßen und wenden sich mit | |
| einem Brief an Senat und Abgeordnete: „Bitte setzen Sie sich dafür ein, | |
| dass der Karneval nicht nur für ein Jahr, sondern auf Dauer gesichert | |
| wird“, heißt es dort. „Dass wir den Karneval mit einer so geringen | |
| Finanzierung nicht mehr durchführen können, war der Ausgangspunkt des | |
| Konflikts, der in den Konzeptdialog mündete“, sagt Mitorganisator Perry | |
| Ottmüller. „Jetzt zu erfahren, dass für 2017 erneut eine so geringe Summe | |
| vorgesehen ist, ist für uns nicht hinnehmbar.“ | |
| ## Unrealistisches Ziel | |
| „Es geht hier nicht um eine Mittelkürzung“, sagt hingegen Oliver Fey, | |
| Sprecher der Senatsverwaltung für Integration. Das Geld soll nur | |
| woandersher kommen: „Wir können den Ergebnissen des Konzeptdialogs zwar | |
| nicht vorgreifen, aber wir gehen davon aus, dass sich die durch Dritte – | |
| also unter anderem von Sponsoren – eingebrachten Mittel deutlich erhöhen | |
| werden, sodass eine Reduzierung der Landesmittel möglich wird.“ Ein | |
| unrealistisches Ziel, findet Fabio Reinhardt, integrationspolitischer | |
| Sprecher der Piratenpartei. „Diese riesige Finanzierungslücke allein durch | |
| Sponsoren ausgleichen zu wollen ist völlig illusorisch“, sagt er. | |
| Doch bei der Frage, wie hoch die Mittel aus öffentlicher Hand für den | |
| jährlich rund 1,4 Millionen BesucherInnen anziehenden Karneval sein sollen, | |
| geht es nicht nur um die Machbarkeit: „Selbst wenn es möglich wäre, in so | |
| einem großen Umfang Drittmittel einzutreiben, halten wir das für keine gute | |
| Idee“, sagt Ottmüller. Denn das werde den Charakter des Karnevals stark | |
| verändern: „Wir wollen keinen Ausverkauf unseres Karnevals, wir wollen | |
| nicht die Namensrechte verscherbeln müssen und irgendwann BMW-Karneval | |
| heißen“, sagt er. | |
| Ob die Karnevalsgruppen angesichts dieser Zahlen auch den noch bis Mitte | |
| Oktober laufenden Konzeptdialog als gescheitert erklären, will Perry | |
| Ottmüller nicht sagen – aus Rücksicht auf die laufenden Verhandlungen. Die | |
| Grünen-Abgeordnete Susanna Kahlefeldt, die sich seit Jahren für den | |
| Karneval einsetzt, wird deutlicher: „Dieser Haushaltsentwurf bedeutet die | |
| Rücknahme sämtlicher Zusagen, die den Gruppen Anfang 2015 gemacht wurden“, | |
| sagt sie. Weder das versprochene Sicherheitskonzept noch andere | |
| Vereinbarungen seien mit einer Reduzierung auf die alte Finanzierungshöhe | |
| umzusetzen. | |
| Das Sponsoring in diesem Maße auszuweiten bedeutet aus Kahlefeldts Sicht | |
| die „totale Kommerzialisierung des Karnevals – dann ist der Karneval tot“. | |
| Die Grüne hofft nun, dass der Haushaltsentwurf noch einmal korrigiert | |
| wird. Das nötige Verhandlungsgeschick, sagt sie, hätten die | |
| protesterfahrenen Karnevalisten in der Vergangenheit zumindest schon oft | |
| bewiesen. | |
| 1 Oct 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Malene Gürgen | |
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