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# taz.de -- Die Wahrheit: Verdoppelt die Quote!
> Neues aus Neuseeland: Auch Aotearoa nimmt Anteil am europäischen Drama.
> Und zieht seine ganz eigenen Schlüsse.
Auch wir hier am untersten Ende der Welt schauen gerade gebannt auf Europa.
Stehen sogar im Morgengrauen auf, um alles live auf dem Bildschirm zu
verfolgen. Jeder neueste Stand geht uns an die Nieren – all das Drama, die
vielen Nationen, das Gedrängel und Gerangel und Gebrülle. Herzzerreißend.
Aufwühlend. Ja, Neuseeland lässt sich keine Sekunde der
Rugbyweltmeisterschaft entgehen, die in England begonnen hat.
Gut, dass so viele Kiwis auf Facebook sind. Denn ohne Aylan Kurdis
Strandfoto hätten die meisten kaum mitbekommen, dass in der Ägäis nicht nur
Tintenfische schwimmen, sondern auch Kinderleichen. Plötzlich war das
Weltthema Nummer eins endlich auch im Land der langen weißen Wolke
angekommen. Zumindest für eine Woche. So lange dauerte es, bis
Premierminister John Key – Zitat: „Wir wollen Touristen, nicht Migranten“…
sich zu einer halbherzigen humanitären Geste durchrang und 600 Syrern
Zuflucht versprach. Gestaffelt über die nächsten drei Jahre und als Teil
der Flüchtlingsquote von gerade mal 750 Menschen, die Neuseeland pro Jahr
aufnimmt. Damit bekleiden wir den schlappen 90. Platz der Aufnahmeländer,
auf die Einwohnerzahl umgerechnet. Wir liegen sogar noch hinter Australien,
das sich bisher in Sachen Menschenrechte nicht mit Ruhm bekleckert hat.
Neuseeland, ein Hort der Sicherheit, der im Weltkrieg vielen
Holocaust-Flüchtlingen Zuflucht bot? Tja. Das war damals.
„Verdoppelt die Quote!”, heißt seitdem der Protestruf aus linker Ecke. Der
verhallt fast ungehört. Oder löst Reaktionen aus wie: Wer braucht die hier?
Wir müssen uns erst mal um unsere eigenen Leute kümmern. Wer soll das alles
bezahlen? Werden wir dann alle muslimisch? Xenophobie und Ängste rundum,
ähnlich wie zur großen Asylblüte Anfang der neunziger Jahre in Deutschland.
Obendrein noch unser früherer Außenminister Winston Peters, immer für einen
fremdenfeindlichen Spruch gut. Er riet den syrischen Flüchtlingen, doch
lieber in ihr Land zurückzukehren, um dort zu kämpfen. Klar. Ganz easy. Und
jetzt wieder umschalten zum Rugby.
Für die Flüchtlinge, die es schließlich doch nach Aotearoa schaffen, steht
Integrationshilfe bereit. Unter anderem ein 38-minütiges Video, das bei
der Assimilation in den antipodischen Kulturkreis helfen soll. Darin sieht
man viele nette Bürger, die Grillwürste beim Picknick wenden. Es gibt
praktische Tipps: wie man Arbeit findet, Steuern zahlt, einkauft.
„Neuseeland bietet Ihnen die Chance, ein neues Leben in einem neuen Land zu
beginnen“, verkündet ein Sprecher zur Säuselmusik. „Dieses Ziel ist
erreichbar.“
Aber vorher werden ein paar Verhaltensregeln klargemacht. Die Liste dessen,
was man als Neuankömmling in Neuseeland lieber vermeiden sollte, ist länger
als manche weiße Wolke: Fahrradfahren ohne Helm, Autofahren ohne
Führerschein, Frauen schlagen, in Räumen rauchen, Genitalien verstümmeln,
Beamte bestechen, zwanghaft verheiraten oder polygamieren, in der Ehe
vergewaltigen. Herzlich willkommen.
24 Sep 2015
## AUTOREN
Anke Richter
## TAGS
Neuseeland
Flüchtlinge
Menschenrechte
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Kriminalität
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