# taz.de -- Finanzmathematiker über Altersvorsorge: „Es geht um kurzfristige… | |
> Der Finanzmathematiker Axel Kleinlein sieht keine Gefahr für die Branche | |
> der Versicherer – sondern eine Gefährdung der Kunden. | |
Bild: Überraschung: Versicherungen wollen Geld verdienen. | |
taz: Herr Kleinlein, immer mehr Versicherer wollen Garantieverzinsung bei | |
der Altersvorsorge abschaffen. Ist die private Rente am Ende? | |
Axel Kleinlein: Wir erleben im Moment, dass die Versicherungsunternehmen | |
versuchen, immer mehr Risiken auf die Kunden abzuwälzen, sie aber nicht | |
sauber darüber aufklären. Die Produkte werden immer intransparenter. Die | |
Frage ist, ob die deutschen Lebensversicherer ihr Geschäft so betreiben | |
können, dass sie den Kunden einen echten Mehrwert bieten. Derzeit | |
anscheinend nicht. | |
Die Versicherer klagen über niedrige Zinsen. Geht es ihnen denn wirklich so | |
schlecht? | |
Das Problem der niedrigen Zinsen wird fast vollständig an die Kunden | |
weitergereicht. Die Unternehmen verdienen noch recht gute Renditen, bei den | |
Aktiengesellschaften erleben wir im Moment sogar Dividendenhöchststände. | |
Das heißt: den Unternehmen geht es gut, während es den Kunden sehr schlecht | |
geht. Hier wird für kurzfristigen Profit eine Produktpolitik gefahren, die | |
mittel- und langfristig die deutschen Lebensversicherungen in schwere | |
Bedrängnis bringen wird. | |
Aber zwingt die anhaltende Niedrigzinsphase die Versicherer nicht, | |
Garantien für die KundInnen zu streichen? | |
Nein. Sie haben Risikorücklagen von mehr als 50 Milliarden Euro. Wir reden | |
hier über Reservemittel in Größenordnungen, mit denen man fast Griechenland | |
retten könnte. Von einer Gefährdung der Branche zu sprechen ist | |
übertrieben. Was wir haben, ist eher eine Krise für die Kunden, die mit den | |
neuen Produkten keine vernünftige Altersvorsorge mehr betreiben können. | |
Könnte für KundInnen mit den neuen Verträgen am Ende weniger übrig bleiben, | |
als sie eingezahlt haben? | |
Das haben wir in vielen Fällen auch jetzt schon. Der eherne Grundsatz: | |
„Wenn ich mehr angespart habe, kriege ich auch mehr Rente heraus“, der | |
stimmt auch nicht mehr generell. | |
Viele haben Angst, dass ihre gesetzliche Rente nicht reicht. Was empfehlen | |
Sie ihnen? | |
Unabhängige und individuelle Beratung! Sie müssen sich vor Augen halten: | |
Neben dem Eigenheim ist die private Altersvorsorge das Teuerste, was man | |
sich im Leben kauft. Und wie viel Zeit steckt man in die Eigenheimplanung! | |
Man sollte mit ähnlicher Intensität auch die Altersvorsorge angehen. | |
Was sollte die Politik tun, um VerbraucherInnen besser zu schützen? | |
Wir brauchen dringend echte Transparenz. Und einen Anspruch auf | |
nachrechenbare Verträge. Im Moment ist Altersvorsorge mit | |
Versicherungsprodukten oft ein bisschen Roulette. | |
30 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Jakob Pontius | |
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