# taz.de -- Kommunale Abgaben: Alle fahren, Anlieger zahlen | |
> In vielen Kommunen Niedersachsens wehren sich Eigentümer dagegen, dafür | |
> zu bezahlen, dass die Straße vor ihrem Grundstück erneuert wird. | |
Bild: Ganz schön runtergerockt: Wenn die Straßen so aussehen, wird‘s für d… | |
Für den Ausbau einer Straße bezahlen, den man für unnötig und überteuert | |
hält? Drei Dutzend Grundstückseigentümer der Gemeinde Hambühren bei Celle | |
machen das nicht mit. Das Verwaltungsgericht Lüneburg verhandelt ihre | |
Klagen gegen einen „Straßenausbaubeitrag“ von durchschnittlich 10.000 Euro, | |
den jeder von ihnen bezahlen muss. | |
Nach [1][Angaben des NDR] gibt es allein in Niedersachsen 50 | |
Bürgerinitiativen, die sich gegen solche Ausbaubeiträge zur Wehr setzen. | |
„Wir bekommen zig Anfragen“, bestätigt der bundesweit agierende Verband | |
Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN), der die Prozessgemeinschaft der Leute | |
aus Hambühren organisiert hat. | |
Jetzt zeichnet sich auf dem lange schwelenden Konfliktfeld eine Lösung ab. | |
Der niedersächsische Städte- und Gemeindebund hat dem Innenministerium | |
vorgeschlagen, die Abgabenlast auf mehr Schultern zu verteilen. „Wir | |
rechnen damit, dass das noch in dieser Legislaturperiode in das | |
Kommunalabgabengesetz kommt“, sagt Meinhard Abel vom Gemeindebund. | |
Das [2][Kommunalabgabengesetz] erlaubt es den niedersächsischen Gemeinden, | |
für den Ausbau und die Sanierung ihrer Straßen Beiträge von den Anliegern | |
zu erheben. Nach einer Umfrage des NDR machen zwei Drittel der Kommunen im | |
Land davon Gebrauch. Die Idee dahinter ist, dass der Eigentümer einen | |
Vorteil davon hat, dass eine Straße zu seinem Grundstück führt, also soll | |
er sich auch an den Kosten dafür beteiligen – bei Anliegerstraßen in Höhe | |
von bis zu 75 Prozent. | |
## Zubringer zur Bundesstraße | |
Egon Kiehne von der Bürgerinitiative Hambühren hält das schon grundsätzlich | |
für fragwürdig. „Straßen werden von allen genutzt“, sagt er. Und deshalb | |
müssten sie auch von der Allgemeinheit bezahlt werden. Ganz besonders gelte | |
das für die Ostlandstraße, eine der Hauptstraßen des | |
10.000-Einwohner-Ortes. 20 Nebenstraßen mündeten in die 1.200 Meter lange | |
Straße; von zwei Neubaugebieten aus führe über sie der direkte Weg zur | |
Bundesstraße 214. | |
Dazu komme, dass der Ausbau überhaupt nicht nötig gewesen wäre. „Die Stra�… | |
war noch in einwandfreiem Zustand“, sagt Kiehne. „Der Bürgermeister wollte | |
ein einmalige Straße schaffen, um den Ort aufzuwerten“, sagt Kiene. Deshalb | |
seien teures Pflaster und teure Lampen verbaut worden – alles zu Lasten der | |
Anlieger. | |
Lothar Blaschke vom VDGN sagt, sein Verband helfe Grundeigentümern in | |
mehreren Bundesländern, sich gerichtlich gegen die Ausbaubeiträge zur Wehr | |
zu setzen. Viele Kommunen, so sein Vorwurf, kümmerten sich nicht | |
kontinuierlich darum, ihre Straßen instand zu halten, so dass am Ende eine | |
Erneuerung fällig sei. Die Instandsetzung kann den Anliegern nicht | |
aufgebürdet werden, wohl aber die Sanierung. | |
„Wenn die Unterhaltung unterlassen wurde, sagt die Rechtsprechung, dass | |
keine Straßenausbaubeiträge erhoben werden dürfen“, sagt Meinhard Abel vom | |
Städte- und Gemeindebund. Seine Geschäftsstelle kenne keinen Fall, in dem | |
eine Straße bewusst heruntergewirtschaftet worden sei. | |
## In Schleswig-Holstein zahlen nicht nur die Anwohner | |
Der Gemeindebund habe sich dafür eingesetzt, dass die Kommunen | |
Ausbaubeiträge erheben können. Wegen der großen Kritik hat er jetzt ein | |
abgewandeltes Modell „wiederkehrender Beiträge“ vorgeschlagen. Hier müsst… | |
nicht nur die direkten Anlieger, sondern die Grundstückseigentümer eines | |
ganzen Straßenzuges Beiträge in regelmäßigen Raten entrichten. Seit Ende | |
2012 ist das in Schleswig-Holstein möglich. | |
„Aus unserer Sicht ist das auch nicht die Ideallösung“, sagt Lothar | |
Blaschke vom VDGN. ES sei schwierig, ein einheitliches Abrechnungsgebiet | |
auszuweisen. Die Idee, dass der Grundeigentümer einen wirtschaftlichen | |
Vorteil von einer Straße habe, sei überholt. Mehr Straßen an einem | |
Grundstück minderten eher dessen Wert. | |
27 Jul 2015 | |
## LINKS | |
[1] https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/oldenburg_ostfriesland/Marode-… | |
[2] http://www.voris.niedersachsen.de/jportal/portal/t/41a1/page/bsvorisprod.ps… | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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