# taz.de -- Vorgehen des IS im Irak: Töten am Basar | |
> Der IS reißt durch einen schweren Anschlag zum Ende des Ramadans über 120 | |
> Personen in den Tod. Zugleich gibt es Berichte über Giftgaseinsätze. | |
Bild: Zeichen des Terrors: Irakische Bürger stehen um ein Erdloch, was die Exp… | |
ISTANBUL taz | Es ist eines der schlimmsten Attentate im Irak seit Langem. | |
Ein [1][Selbstmordanschlag in der Nähe von Bagdad] hat mehr als 120 Tote | |
und über 150 Verletzte gefordert, wie irakische Behördenvertreter am | |
Samstag erklärten. | |
Die Einwohner von Khan Bani Saad, rund 30 Kilometer nordöstlich der | |
Hauptstadt gelegen, feierten das Ende des Ramadan, als sich ein | |
Selbstmordattentäter Freitagnacht im Zentrum der Kleinstadt mit seinen mit | |
Sprengstoff bepackten Lastwagen in die Luft sprengte. Viele Familien waren | |
mit ihren Kindern unterwegs, um für die Kleinen anlässlich von Eid al-Fitr, | |
einem der höchsten Feiertage in der islamischen Welt, Geschenke zu kaufen. | |
„Einige Personen benutzten Gemüsekisten, um die Leichenteile von Kindern | |
einzusammeln“, sagte Polizeimajor Ahmed al-Tamimi, der einen nahegelegenen | |
Checkpoint bewachte. „Der Basar ist fast komplett zerstört. Hunderte von | |
Autos brannten, überall lagen Körperteile.“ Videoaufnahmen aus Khan Bani | |
Saad zeigen einen riesigen Krater, Häuser, Geschäfte und Autos, die in | |
Flammen stehen, sowie Trümmerfelder, ausgebrannte Autowracks und Geschäfte, | |
von denen nur verbogene Eisenstangen übrig sind. | |
„Diese abscheuliche Massaker ist jenseits allen zivilisierten Verhaltens“, | |
sagte der Leiter der irakischen UN-Mission, Jan Kubis, am Samstag. Zu dem | |
Verbrechen hat sich noch in der Freitagnacht der Islamische Staat (IS) | |
bekannt. | |
## Berichte über „chemische Waffen“ | |
Derweil setzten die IS-Fanatiker offenbar alles daran, nicht nur unter | |
Zivilisten, sondern auch ihren Kriegsgegnern in Syrien und dem Irak Horror | |
zu verbreiten. Nach Angaben der kurdischen Volksverteidigungseinheiten | |
(YPG) haben sie in Syrien erstmals Artilleriegeschosse eingesetzt, die mit | |
chemischen Substanzen gefüllt waren. Am 28. Juni hätten IS-Kämpfer | |
„chemische Geschosse“ in den Stadtteil Salahiya der Stadt Hassake in | |
Nordost-Syrien gefeuert, erklärte der YPG-Sprecher Redur Xelil am Samstag | |
auf seiner Facebook-Seite. Zudem hätten die Extremisten YPG-Stellungen in | |
Tell Brak, südlich von Hassake, mit „chemischen Waffen“ beschossen. | |
In einem Video berichtet ein arabischer Zivilist von üblem Geruch und | |
schweren Atembeschwerden. Ein junger Kurde sagt, er und seine Nachbarn | |
hätten sich erbrechen müssen. Nach dem Einschlag der Geschosse sei ein | |
gelbes Gas ausgetreten, das nach verfaulten Zwiebeln gerochen habe, | |
erklärte Xelil. Tote haben die Angriffe laut Xelil nicht gefordert, die | |
betroffenen Kämpfer hätten jedoch über Brennen in Hals, Augen und Nasen und | |
schwere Kopfschmerzen sowie Erbrechen und Muskelschmerzen berichtet. | |
Die beiden britischen Organisationen Conflict Armament Research (CAR) und | |
„Sahan Research haben die Agriffe bestätigt. Urinproben aus Tell Brak seien | |
positiv auf Stoffe getestet worden, die typisch für Pflanzenschutzmittel | |
seien, teilten sie mit. | |
## Psychologische Wirkung | |
Ein dritter chemischer Angriff richtete sich nach Angaben der beiden | |
Organisationen gegen die Peschmerga, die kurdischen Kämpfer im Nordirak. Am | |
21. oder 22. Juni sei eine Mörsergranate bei einer Peschmerga-Stellung nahe | |
des Mosul-Staudamms eingeschlagen. Eine Woche später habe der französische | |
Waffenexperte Gregory Robin von Sahan Research die Granate, die nicht | |
explodiert war, geborgen, berichtete die New York Times in ihrer | |
Samstagsausgabe. Aus der Granate sei eine Flüssigkeit ausgetreten, die | |
stark nach Clorin roch und die zu Irritationen in den Augen und Atemwegen | |
führte, sagte Robin der Zeitung. Welche Giftstoffe der IS genau eingesetzt | |
hat, wird derzeit in Laboren untersucht. | |
Sowohl die irakischen Kurden wie die mit al-Qaida verbündete syrische | |
Nusra-Front haben dem IS bereits früher „Giftgasangriffe“ vorgeworfen. | |
Erwiesen ist bisher nur, dass die Vorgängerorganisation des IS im Irak bei | |
einem Anschlag mindestens einmal Chlor eingesetzt hat. | |
Die psychologische Wirkung, die allein der Verdacht hat, ist unter | |
kurdischen Kämpfern enorm. Keiner hat die Giftangriffe des Saddam-Regimes | |
vergessen, die Tausende von Toten forderten. Gleichzeitig schüren die | |
Fanatiker mit Anschlägen wie im mehrheitlich schiitischen Khan Bani Saad | |
den Hass. Viele Schiiten forderten anschließend Rache an den Sunniten. | |
19 Jul 2015 | |
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## AUTOREN | |
Inga Rogg | |
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