Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Griechenland nach EU-Verhandlungen: „Ihr habt das Land gestürzt�…
> Es wird Verhandlungen über ein neues Hilfsprogramm für Griechenland
> geben. Doch die Stimmung in Athen ist angespannt.
Bild: Wohin geht die Reise? Auch griechische Zeitungen sind sich am 13. Juli. 2…
Athen taz | Nach einem Verhandlungsmarathon von 17 Stunden in Brüssel
einigten sich die 19 Staats- und Regierungschefs der Eurozone am frühen
Montagmorgen auf ein drittes Rettungspaket. Der griechische
Ministerpräsident Alexis Tsipras kündigte nach der Sitzung an, die neuen
Reformen seien zwar hart, werden aber nicht nur die BürgerInnen treffen,
die in den letzten Jahren bereits betroffen waren. Tsipras möchte die
Unter- und Mittelschicht stützten und die Reichen zur Kasse bitten.
Nicht alle scheinen an diese Worte zu glauben.“Ihr habt das Land gestürzt“
titelt die linke Tageszeitung I Efimerida ton Syntakton: Eine Rentnerin
steht vor der Auslage eines Zeitungskiosk im Zentrum Athens. Aufgeregt
zeigt sie auf das Titelblatt der Zeitung. „So ist es“, ruft sie. „Unser
Land ist an Europa verkauft worden“.
Sie senkt den Kopf, als ob sie sich wieder beruhigen möchte. „Ich hab kein
Vertrauen mehr“, fährt sie fort. „Jetzt haben die sich in Brüssel zwar
geeinigt aber letztendlich werden wir kleinen Bürger wieder die Rechnung
bezahlen.“
Wenn Tsipras etwas für die Bürger tun wolle, dann solle er das mit der
Mehrwertsteuererhöhung lassen. „Die Menschen können ja jetzt kaum noch
etwas zahlen. Die letzten Jahre waren hart“, erzählt sie weiter. Von ihrer
bereits gekürzten Rente hat sie ihre arbeitslose Tochter unterstützt. Nun
macht sie sich große Sorgen, dass die Rente abermals gekürzt wird: „Ich
weiss nicht, wie wir dann leben soll. Meine Tochter hat noch immer keinen
Job gefunden“. Die alte Frau mit den zurückgesteckten Haaren seufzt und
geht mit schweren Schritten davon.
## Angst vor dem Ruin
Schräg gegenüber haben Christos und Maria Gergolopoulos ihren
Souvlakiimbiss. Auch sie machen sich Sorgen. „Wenn die Mehrwertsteuer
steigt, bedeutet dass für uns, das wir die Preise erhöhen müssen, um unsere
Ausgaben zahlen zu können“ so Christos Gergolopoulos. Das würde bedeuten,
dass weniger Kunden kaufen. „Das weniger kaufen können!“ betont der Mann.
Die GriecheInnen seien jetzt schon sparsam mit ihren alltäglichen Ausgaben.
Eine Erhöhung würde die Kaufkraft im Lande nochmals senken. Das würde viele
Geschäfte in den Ruin treiben. Er selbst habe hier im touristischen
Stadtteil Athens nicht so große Probleme – die Touristen kaufen. Aber er
viele seiner Kollegen in anderen Stadtteilen, in denen hauptsächlich
GriechInnen leben, hätten schon jetzt Probleme.
Janis Ioanidis ist auf dem Weg ins Büro. Auch er bleibt kurz am Kiosk
stehen, liest einige der Zeitungstitel. „Historisches Treffen um den
Verbleib im Euro“, titelt die konservative Tageszeitung Kathemerini. „Das
wollen sowieso die meisten der GriechInnen“, sagt der Mann. Das sei auch
vor dem Referendum vergangene Woche klar gewesen. Doch Tsipras habe sich
damit den Rücken vor den Verhandlungen mit Brüssel nochmal stärken wollen.
„Das Referendum habe rein gar nichts genützt“, sagt Ioanidis.
Alle die, die mit Oxi, also mit Nein, abgestimmt haben, hätten sich
Illusionen gemacht. „Als ob Tsipras dadurch eine bessere Verhandlungsbasis
gehabt hätte!“ Der Mann lacht bitter. „Das alles hat so viel Zeit
gekostet“, seufzt er.
## „Wir brauchen Bargeld“
Ioanidis arbeitet in einer Firma, die in Griechenland importierte Computer
verkauft. „Durch die Kapitalverkehrskontrolle ist das ganze Geschäft
blockiert. Nichts geht mehr!“ berichtet er. Zahlreiche Container stapelten
sich am Zoll, denn die Ware könne nicht mehr bezahlt werden. Die wenigen
Produkte die noch in der Firma seien, werden nur noch per Barzahlung
verkauft.
„Denn wir brauchen Bargeld. Onlineüberweisungen bringen uns nichts, da wir
momentan nicht an unser Geld kommen.“ so Ioanidis. Das alles habe dazu
geführt, dass zahlreiche seiner KollegInnen in den Zwangsurlaub geschickt
wurden. Von 85 Angestellten in der Firma arbeiten zurzeit nur noch 15. Wann
sich der Zustand wieder ändert, sei nicht abzusehen. Vermutlich werden
viele seiner KollegInnen Entlassungen rechnen müssen.
13 Jul 2015
## AUTOREN
Theodora Mavropoulos
## TAGS
Griechenland
Eurokrise
Athen
Schwerpunkt Krise in Griechenland
Griechenland
Griechenland
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar Griechenland-Gipfel: So scheitert Europa
Merkel und Schäuble haben dank einer ekligen Allianz alle deutschen
Forderungen durchgesetzt. Das Ergebnis: ein Sanktions- und Zwangsregime.
Griechenland-Hashing: Ein Putsch für Arme
Ein neuer Hashtag macht im Netz Furore. Mit #ThisIsACoup droht die
Wehrmacht wiederaufzuerstehen. Was für ein Blödsinn!
Video von Böhmermann und Heufer-Umlauf: Griechen-Bashing in Schlagzeilen
Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umlauf zitieren Titelzeilen zu
Griechenland. Und finden: Die meisten Medien benehmen sich wie Arschlöcher.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.