# taz.de -- Atommüll in Frankreich: Mogelpackung für Atommüll | |
> Die Nationalversammlung in Frankreich genehmigt im Schnellverfahren ein | |
> Endlager in Bure. Die Gegner sehen darin einen Affront und | |
> Hinterhältigkeit. | |
Bild: Französische Atomkraftgegener kritisieren das Vorgehen der Nationalversa… | |
Paris taz | Fast klammheimlich und ohne eingehende Diskussion ist in der | |
Französischen Nationalversammlung der Weg zur Bewilligung des Endlagers für | |
Atommüll im lothringischen Bure, westlich von Metz und Nancy, geebnet | |
worden. Das Projekt der französischen Atomwirtschaft, die seit Jahren fast | |
verzweifelt eine Lösung für die Entsorgung der ständig wachsenden atomaren | |
Rückstände der nuklearen Energieproduktion sucht, ist vom konservativen | |
Senator Gérard Longuet in ein Paket von unterschiedlichen | |
Wirtschaftsreformen eingebracht worden. | |
Mit der pauschalen Verabschiedung des nach dem Wirtschaftsminister Emmanuel | |
Macron benannten Gesetzespakets hat das sehr umstrittene Vorhaben des | |
Endlagers in Bure eine entscheidende Hürde genommen. Bure, dessen tiefer | |
Untergrund laut den Experten der Atomindustrie geeignete geologische | |
Eigenschaften besitzt, ist darin als Standort definiert worden. | |
Das fragwürdige Vorgehen hat die Empörung in Bure nur noch vergrößert. Das | |
nationale Kollektiv gegen die Atomülllagerung spricht von einem „Affront“ | |
und einem „hinterhältigen Manöver“. Zu den Merkwürdigkeiten der | |
parlamentarischen Prozeduren in Frankreich gehört es, dass die Regierung | |
umstrittene Gesetzesvorlagen ohne weitere Debatte für angenommen erklären | |
kann, selbst wenn sie im eigenen Lager keine sichere Mehrheit für eine | |
Abstimmung hat. | |
War der ganze Widerstand, namentlich der lokalen Landwirte und der | |
Dorfbewohner, umsonst, und ist umgekehrt damit in Frankreich das Problem | |
der Entsorgung der radioaktiven Rückstände gelöst, wie dies die Regierung | |
und die staatliche Agentur Andra hoffen? Noch sind Beschwerden und Klagen | |
der Gegner anhängig. In einem Gutachten der schweizerischen Experten von | |
Geowatt ist unterstrichen worden, dass eine Lagerung radioaktiver Abfälle | |
die wirtschaftliche Nutzung der geothermischen Ressourcen in geringer Tiefe | |
verunmöglichen würde. | |
## Kritiker mobilisieren | |
Die Coordination Burestop will weiter mobilisieren und alle juristischen | |
Mittel ausschöpfen, um zu verhindern, dass das seit 1994 eingerichtete | |
Versuchslabor in ein Endlager umgewandelt wird, in das dann ab 2025 die | |
hochradioaktive Rückstände, vor allem aus den Atomkraftwerken von EDF, 500 | |
Meter unter Tage in Tonschichten deponiert werden sollen. Dort sollen sie | |
dann (aufgrund ihrer zum Teil sehr langen Halbwertszeiten) in den kommenden | |
Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden verbuddelt oder versteckt bleiben. Die | |
Andra musste sich allerdings gesetzlich verpflichten, den Zugang zum | |
Lagerort für mindestens hundert Jahre technisch möglich zu machen. | |
Vorgesehen ist, dass 10.000 Kubikmeter hochradioaktive und 70.000 | |
Kubikmeter mittelradioaktive Rückstände in Bure gelagert werden. Das | |
entspräche rund fünfzig Jahren Fortsetzung des gegenwärtigen | |
Atomstromprogramms. Jedes Jahr sollten dann in hundert Sonderzügen 700 bis | |
900 Behälter mit Atommüll angeliefert werden. Bisher aber hat Bure, das in | |
einer ländlichen Region liegt, noch nicht einmal einen Bahnanschluss. | |
13 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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