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# taz.de -- Rückbesinnung: Provokative Flora-Plane
> Der Künstler Christoph Faulhaber hat eine historisierende Plane vor die
> Rote Flora gehängt. Sie zeigt den Gebäudezustand während der Nazizeit.
Bild: Verschattete Vergangenheit: Die Rote Flora 1939 - aber nur auf Plane
Jetzt wohnen die Aktivisten quasi im Schloss. Hinter monumentalen Säulen im
neoklassizistischen Stil und von oben aufs Schulterblatt blickend. Die Rede
ist von der Roten Flora, deren Fassadenrenovierung jetzt beginnt, und das
hinter einer besonderen Plane: Den Gebäudezustand von 1936 hat der
Hamburger Politkünstler Christoph Faulhaber in Schwarz-W eiß darauf
gedruckt und sie „Phantom“ genannt. Es ist keine Aufhübschungsplane wie bei
sonsterlei Bauarbeiten üblich, sondern eine provokative.
Faulhaber zerrt nationalsozialistische Architektur hervor, von der einige
Details noch zeugen: Unverändert blieben eine Tür und mehrere Fenster im
Stil des NS-Architekten Albert Speer – kleine Einsprengsel in die
Monumentalität des Baus, die den völkischen Ideen der Nazis entsprach.
Diese wuchtige Anmutung hat Faulhaber dadurch verstärkt, dass seine Plane
höher ist als der jetzige Bau und auch das einstige zweite Obergeschoss und
das Dachgeschoss zeigt, die man 1974 abriss. Vielleicht werde die Version
von 1936 irgendwann wieder hergestellt, sagt Faulhaber. „Mein Bild kann
Vision und Wegbereiter sein. Self-fulfilling Prophecy.“ Aber warum sollte
man die Version der Nazizeit rekonstruieren? Und wie verträgt sich diese
Plane mit dem Selbstverständnis von Antifaschisten und linken Aktivisten –
einer Gruppe, die die Nazis gnadenlos verfolgten?
Es ist eine sehr provokative Referenz, die Faulhaber hier erstellt, und ihr
Subtext lautet: Ihr erhaltet und saniert ein Gebäude, dessen Architektur
sowohl fürs Großbürgertum als auch für den Nationalsozialismus steht. „Man
muss im Blick behalten, dass Projekt und Gebäude einander beeinflussen“,
sagt Faulhaber. Er arbeite mit Bildern, die man lesen müsse.
Aber haben die Rotfloristen sie gelesen, hat er sie gefragt? „Es gibt schon
länger eine Form von Zusammenarbeit“, sagt der Künstler, und er habe seine
künstlerischen Entscheidungen „jeweils mitgeteilt“. Auch baurechtlich sitzt
er übrigens zwischen allen Stühlen. Zwei Jahre Bürokratie habe es ihn
gekostet, sagt Faulhaber, aber am Ende stand eine für alle preiswerte
Lösung: Das Bild wird vom Elbkulturfonds finanziert, fungiert zugleich als
Bauplane und kostet die Rotfloristen nichts.
Da ist es unwahrscheinlich, dass sie die Plane abreißen werden, weil ihnen
deren Motiv nicht gefällt. „Aber wenn sie meinen, sie müssten einen
Bildersturm veranstalten, kann ich es nicht ändern“, sagt Faulhaber.
Schließlich habe er kein Eigentumsrecht an dem Werk. Zumindest
Flora-Aktivist Andreas Blechschmidt findet die Aktion allerdings gut:
„Dieses historisierende Bild ist eine erinnerungspolitische Intervention,
die bezeugt, dass die Stadt 1988 große Teile des historischen Baus abriss.“
Und dem Protest der Aktivisten gegen die Pläne für ein Musical-Theater, das
mit dem „Phantom der Oper“ eröffnen sollte, sei das aktuelle alternative
Kulturzentrum zu verdanken.
Auch daran wird Faulhabers Installation erinnern: Am 15. August wird sie
Bühnenbild für eine Aufführung des „Phantoms der Oper“ durch Studenten d…
Hochschule für Musik und Theater sein.
29 Jun 2015
## AUTOREN
Petra Schellen
## TAGS
Rote Flora
Performance
Autonome
Oper
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