# taz.de -- Streit um NS-Vergangenheit: Busemann will Sozi-Ehre retten | |
> Hannover hält Hinrich Wilhelm Kopf wegen seiner NS-Vergangenheit eines | |
> Ehrengrabs für unwürdig. Landtagspräsident protestiert | |
Bild: Darf bleiben, wenn auch vielleicht ehrlos: Das Grab von Hinrich Wilhelm K… | |
HAMBURG/HANNOVER taz | Der große Findling mit der Namensgravur darf zwar | |
liegenbleiben - ein Ehrengrab soll die letzte Ruhestätte von Hinrich | |
Wilhelm Kopf auf dem Stadtfriedhof Hannover-Stöcken aber nicht länger sein. | |
Wegen der Rolle des ersten niedersächsischen Nachkriegs-Ministerpräsidenten | |
im Nationalsozialismus hat der Kulturausschuss der Stadt entschieden, dass | |
Kopf einer solchen Ehrung „unwürdig“ sei. Der niedersächsische | |
Landtagspräsident Bernd Busemann (CDU) hat dagegen in einem Brief an | |
Bürgermeister Stefan Schostok (SPD) nun protestiert. | |
Darin betont Busemann Kopfs „integrative Leistung in der Nachkriegszeit“ | |
und befürchtet, dass die Entehrung des Grabes „als posthume Herabwürdigung | |
aufgefasst werden“ könne. „Ein solcher Umgang mit einer der wichtigsten | |
historischen Figuren unseres Landes wird der Bedeutung Kopfs für | |
Niedersachsen nicht gerecht“, findet Busemann - gerade weil dessen | |
Vergangenheit wissenschaftlich umstritten sei. Der CDU-Mann ist sogar | |
bereit, eine Patenschaft für die Grabpflege zu übernehmen - aus | |
Haushaltsmitteln, über die er als Landtagspräsident verfügt. | |
Ob Schostok das Angebot annehmen will, ist unklar. Er werde Busemann einen | |
Brief schreiben, sagt Stadtsprecherin Anne Ruhrmann. Sie hofft, der | |
Landtagspräsident werde erkennen, „dass das Grab weiterhin als historisch | |
bedeutsam gewürdigt wird“. Dafür schuf der Kulturausschuss eigens die | |
Möglichkeit, Gräber, die keine Ehrengräber mehr sein sollen, aus | |
historischen Gründen zu erhalten. Kopfs Grab werde also nicht platt | |
gemacht, sondern „selbstverständlich seitens der Landeshauptstadt | |
gepflegt“, sagt sie. | |
Im April war der Hinrich-Wilhelm-Kopf-Platz vor dem Landtag in | |
Hannah-Arendt-Platz umbenannt worden - auch Busemann hatte das befürwortet. | |
Die Debatte um Kopfs Vergangenheit hatte 2013 die Göttinger | |
Politikwissenschaftlerin Teresa Nentwig angestoßen. Sie schrieb in der | |
Biografie „Hinrich Wilhelm Kopf: Ein konservativer Sozialdemokrat“ darüber, | |
dass Kopf während des Zweiten Weltkriegs für die „Haupttreuhandstelle Ost“ | |
im polnischen Chorzow gearbeitet hatte. Dort soll er polnisches und | |
jüdisches Vermögen „verwertet“ haben. Kopf habe durch seine | |
unternehmerischen Aktivitäten das NS-Regime, die antisemitische und | |
antipolnische „Säuberung“ Oberschlesiens und die „Germanisierung“ des | |
Gebietes unterstützt, sagt auch Ruhrmann. | |
Der Vorsitzende des Kulturausschusses Lothar Schlieckau (Grüne) findet | |
Busemanns Haltung widersprüchlich. „Dann hätte man den Platz nicht | |
umbenennen müssen, wenn das Ehrengrab bleibt“, sagt er. Die Entscheidung | |
über das Grab trifft der Rat der Stadt Hannover. | |
22 Jun 2015 | |
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