# taz.de -- „House of One“ fehlt das Geld: Idee ohne Fundament | |
> Das „House of One“, in dem Christen, Juden und Muslime beten sollen, hat | |
> viele Freunde – aber nach einem Jahr Spendensammeln kaum Geld. | |
Bild: Small is beautiful: Für einen Ersatzbau dieser Größe reicht das Geld j… | |
Im Juni 2014 rief der Verein „Bet- und Lehrhaus Petriplatz Berlin“ dazu | |
auf, für die Errichtung des Drei-Religionen-Hauses „House of One“ zu | |
spenden. Das Gebäude, das Kirche, Synagoge und Moschee unter einem Dach | |
vereinen soll, kostet nach Angaben des Vereins 43,5 Millionen Euro. Mit dem | |
symbolischen Kauf eines Ziegelsteins für 10 Euro kann jeder sein Scherflein | |
beitragen. Nach einem Jahr nun ist die Bilanz ernüchternd: Gerade einmal | |
167.670 Euro von 1.311 Spendern waren am vergangenen Sonntag | |
zusammengekommen, weniger als 4 Promille der angestrebten Summe. Das reicht | |
sozusagen gerade mal für die Garderobe. | |
Mit dem Projekt verbinden die Beteiligten große Hoffnungen. Die | |
Evangelische Kirchengemeinde St. Petri – St. Marien, die Jüdische Gemeinde | |
zu Berlin und der muslimische Verein „Forum für Interkulturellen Dialog“ | |
(FID) wollen auf dem historischen Petriplatz gegenüber der Fischerinsel die | |
drei „abrahamitischen“, monotheistischen Religionen ins Gespräch bringen. | |
Mehr noch: Im gemeinsamen „Haus des Einen“ soll „das Zusammensein von | |
Juden, Christen und Muslimen friedfertig und unvoreingenommen gelebt“ | |
werden, wie es auf der Kampagnen-Website heißt. | |
Zwar sieht der Entwurf des Berliner Architekturbüro Kuehn Malvezzi mehrere | |
Bauabschnitte vor, die sich auch mit weniger Geld realisieren lassen: | |
Bereits 10 Millionen Euro würden demnach reichen, um eine Art | |
Sockelgeschoss zu realisieren, in dem Veranstaltungen stattfinden könnten. | |
Auch selbst von diesem Ziel ist man noch weit entfernt. Als Exit-Strategie | |
sieht die Satzung vor, dass der Verein die bereits eingeworbenen Mittel in | |
Projekte investiert, „die zum gegenseitigen Verständnis der Religionen | |
beitragen“. | |
Aber davon will Pfarrer Gregor Hohberg, eines der wichtigsten Gesichter des | |
Projekts, nichts wissen. „Die Spendenkampagne ist nicht gescheitert, sie | |
erfüllt ihren ersten Zweck“, sagt er. Der Verein habe sehr viele positive | |
Rückmeldungen bekommen, aus denen er und seine Mitstreiter Kraft schöpften. | |
„Wir werden überschüttet mit Anfragen von Schulen und Gemeinden, aus über | |
vierzig Ländern sind Spenden gekommen. Es ist schön zu erleben, dass unsere | |
Idee verstanden wird“, so Hohberg. | |
## „Ermutigende Kontakte“ | |
Nach Angaben des Pfarrers gibt es ähnliche Vorhaben in anderen Ländern, die | |
sich am Berliner „House of One“ orientieren oder es als Bestärkung der | |
eigenen Arbeit empfinden. Man stehe in Kontakt zu Ruanda, wo der Verein | |
Grünhelme in einem Gefängnis für Völkermord-Verbrecher eine | |
„Kirchen-Moschee“ errichtet. In Stockholm, Paris, New York, Mostar oder | |
Jerusalem gebe es Initiativen im selben Geiste, mit denen man im Austausch | |
stehe. „Wir finden das ermutigend“, sagt Hohberg. | |
Trotzdem: Dass das Projekt bislang „finanziell nicht der große Renner“ ist, | |
muss auch der Pfarrer zugeben. Woran liegt das? Hohberg glaubt, dass ein | |
deutlich professionelles Marketing vonnöten ist, um die Spendenbereitschaft | |
zu erhöhen. Die Arbeit der derzeit acht Ehrenamtlichen, reichen einfach | |
nicht aus, um die sozialen Medien so zu füttern, „dass da eine Welle | |
losgetreten wird“. Wenn der Verein erst einmal ein paar Angestellte habe, | |
werde sich das noch ändern. | |
Vorerst setzt der Bet- und Lehrhaus Petriplatz Berlin e. V. aber auf ein | |
erweitertes Spendenmodell. Nicht mehr allein per Crowdfunding soll das Haus | |
Stein für Stein in den Himmel wachsen, man will den Verein in eine Stiftung | |
überführen, an der sich das Land Berlin und der Bund, aber auch Unternehmen | |
beteiligen könnten. Gespräche würden bereits geführt, heißt es, auch mit | |
Mäzenen, die bereits signalisiert hätten, Beträge in Millionenhöhe | |
einzuzahlen. „Starke Schultern können mehr tragen“, laute das Motto, sagt | |
Gregor Hohberg. Tatsächlich konnte man zuletzt bei der Spendensammlung für | |
die Nachbildung der barocken Schlossfassade sehen, wie sich das Aufkommen | |
durch wenige anonyme Großspenden schlagartig erhöhte. | |
## Keine ausgemachte Sache | |
Dass jeder die Idee vom gemeinsamen Haus gut findet, sollte man deshalb | |
noch lange nicht glauben. Abgesehen davon, dass bedeutende konfessionelle | |
Gruppen gar nicht beteiligt sind und das Projekt an den | |
fundamentalistischen Rändern eher zum Feindbild taugt, ist eine positive | |
Haltung auch Mainstream-Protestantismus keine ausgemachte Sache. | |
Kürzlich veröffentlichte die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) einen | |
programmatischen Text über das Verhältnis des Christentums zu den anderen | |
monotheistischen Religionen. Darin grenzen sich die Autoren deutlich von | |
der Vorstellung ab, Juden, Muslime und Christen glaubten letztlich an den | |
selben Gott. Dies sei eine „leere Abstraktion“, die „von allem absieht, | |
worauf es in Judentum, Islam und Christentum konkret ankommt“, und „helfe | |
nicht weiter“. Der Dialog der Religionen verlange „eine ernsthafte | |
Anerkennung der Andersheit des anderen, die durch eine gut gemeinte | |
Integration eher verhindert als vollzogen wird“. Wie eine Bauanleitung für | |
ein gemeinsames Gebäude liest sich das mitnichten. | |
16 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
## TAGS | |
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